Als sich die Begegnungen häuften und an Arbeitstagen nun regelmäßig stattfanden, kam er zu dem Schluss, dass die Frau wohl auf ihrem Stockwerk wartete, bis sie das Rumpeln des Aufzugs hörte, dann den Halteknopf drückte und es so schaffte, im richtigen Moment zuzusteigen, um ihn abzupassen. Eigentlich ärgerte ihn dieses penetrante Verhalten, da er diese morgendlichen Zusammentreffen jedoch nicht vermeiden konnte und weder gewillt war, seine Gewohnheiten zu ändern noch sie auf ihr Verhalten anzusprechen, nahm er es resigniert hin. Doch zu seinem eigenen Erstaunen stellte er nach einiger Zeit fest, dass er die Anwesenheit dieser ihn auf so seltsame Weise verwirrenden Frau sogar herbeiwünschte und dass er sich freute, wenn die begegnungslosen Wochenenden vorbei war und die Zwangstreffen wieder einsetzten. Bei seinen verstohlenen Betrachtungen merkte er auch, wie sie sich im Laufe der Zeit verändert hatte. Ihr Make-up war nun sehr sorgfältig aufgetragen, leuchtend rote Lippen, ein dezentes Puder zum Kaschieren der Fältchen, die Augen manchmal dunkel umrandete, manchmal mit einem schlichten, farbigen Lidschatten versehen und ihre Haare immer tipp-top frisiert, ja hin und wieder richtig kunstvoll arrangiert. Bald kannte er auch die unterschiedlichen, meist leider sehr aufdringlichen Duftnoten ihrer Parfüms. Nur der unsägliche Morgenmantel war immer der selbe.
Eines Tages sah er, dass sich der Gürtel ihres Morgenrocks etwas gelöst hatte und als sie das Hündchen von einer Brust auf die andere schob, öffnete sich das Kleidungsstück und in dem entstandenen, schmalen Spalt konnte er Teile eines hellblauen, tiefausgeschnittenen Nachthemds erkennen und er sah zum ersten Mal ihr üppiges Dekolletee. Über den Umweg Spiegel starrte er auf ihren Busen und er war sich sicher, dass sie dieses unhöfliche Benehmen sehr wohl bemerkte und dennoch änderte sie nichts, weder an ihrer Stellung noch an ihrem Morgenrock.
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