Im Gegenteil, am nächsten Tag öffnete sich der Mantel wieder, fast wie von selbst, kaum dass sie den Fahrstuhl betreten hatte. Der Spalt wurde in den folgenden Tagen immer breiter und ihm schien, dass sie sich sogar leicht nach vorne beugte, gerade so weit, dass er eine perfekte Sicht auf das tiefe, dunkle Tal zwischen ihren Brüsten hatte und dieses mit seinen gierigen Blicken bis zum Grund ausloten konnte. Und auch unterhalb des immer noch lose verknoteten Gürtels kam nacktes Fleisch zum Vorschein. Ein recht strammes Bein lugte bis zur Mitte des Oberschenkels aus der roten Glocke des Morgenmantels. Eigentlich hätte er, seinem Naturell gehorchend, über diese neue Variante ihrer nonverbalen Annäherung empört sein und sie zurechtweisen müssen, aber er nahm ihr frivoles Verhalten nicht nur hin, er genoss mehr und mehr dieses morgendliche, wohlige Prickeln. Das Ritual mit dem offenen Morgenmantel fand nun regelmäßig statt und beide hatten offensichtlich Vergnügen daran, obwohl er weiterhin mit seiner Körpersprache krampfhaftes Desinteresse heuchelte. Und sie, ermutigt durch seine Passivität, trieb das Spiel weiter und steigerte ihre Provokationen. Irritiert entdeckte er bald darauf, dass sie gar kein Nachthemd mehr anhatte. Eine impulsive Neugier überwand seine Verlegenheit und er dreht sich zum ersten Mal um und sah sie direkt an. Und sie, sie holte daraufhin zunächst ihren Blick aus der imaginären Ferne, schaute ihm ihrerseits in die Augen und knüpfte dann mit ihrer freien Hand, die andere hielt ja das Hündchen, den Gürtel des Morgenmantels ganz langsam vollends auf und schlug, als der Aufzug für das Erdgeschoss abbremste, die Revers auf die Seite. Sie hatte in der Tat nichts darunter an, nur ihre Pantoffeln. Und er sah ihre Figur, die so lange verborgen geblieben war in ihrer ganzen Nacktheit.
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