Nachdem der Fahrstuhl still stand, schloss sie rasch den Mantel, öffnete die innere Falttür, stieß die Außentür auf und wartete, dass er als erster aussteige. Höchst verlegen ging er mit hochrotem Kopf dicht an ihr vorbei, wobei er sie zwangsläufig berühren musste. Als er vom Briefkasten zurück kam, stand sie immer noch neben der Fahrstuhltür und hielt diese lächelnd für ihn auf. Hastig betrat er die Kabine, bemüht, sie weder anzustarren noch gar zu berühren.
Ab diesem Tag hatte jedoch seine Heuchelei ein Ende. Er konnte sein Interesse an dieser Frau und ihrem Tun nicht mehr unterdrücken und verzichtete auf das Hilfsmittel Spiegel, an den er sich jetzt mit seinem Rücken anlehnte, um sie direkt und unverhohlen anzuglotzen. Sie führte nun jeden Tag ein neues, kurzes, jedoch varianten- und einfallsreiches Programm vor. Sie war eine professionelle Künstlerin, die das wort- und berührungslose Anmachen von Männern, das atemberaubend gekonnte Verführen perfekt beherrschte, selbst in einer engen Fahrstuhlkabine und in der kurzen Zeitspanne von vielleicht einer Minute. Als erstes knotete sie, kaum dass sie eingetreten war, mit einer Hand den Gürtel auf, öffnete den Morgenmantel und führte dann mit dieser Hand zahlreiche erotische Gesten aus. Mal war sie die primitive Straßenhure, die ihren Busen zur Präsentation anhob, sich zwischen die Beine griff und mächtig mit dem Hintern wackelte. Mal war sie die unterkühlte Nightclub-Stripperin, die ihre Geschlechtsmerkmale gekonnt verdeckte hielt und nur soviel zeigte, dass er wild darauf war, mehr zu sehen. Mal war sie die sinnliche, emotionale Bauchtänzerin, die Po, Hüfte und Taille rasend schnell kreisen und den Busen zugleich in wechselnde Richtungen rotieren ließ. Und dann war sie wieder die träge, laszive Haremsdame, die mit sehr sparsamen, sehr gekonnten, sehr wirkungsvollen Gesten einen Mann zum Kochen brachte.
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