Falsch verbunden

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Falsch verbunden

Falsch verbunden

Yupag Chinasky

Dann, gut zwei Monate sind seit der zeitweiligen Funkstille verstrichen, hält er es nicht mehr aus. Jeden Abend wird er aufgeputscht, auf Hochtouren gebracht, in den sexuellen Wahn getrieben, taumelt von einem virtuellen Orgasmus zum nächsten. Er muss sie endlich sehen, muss sie endlich anfassen, küssen, besteigen, endlich zum Ziel kommen. Sein neuer Versuch ist die reine Erpressung und Notwehr, bevor er selbst im Schlamassel der desorientierten Gefühle untergeht. „Wenn du mich nicht endlich triffst, höre ich auf, mit dir zu telefonieren.“ „Nein, bitte nicht.“ Flüstert sie mit tränenerstickter Stimme und schnieft. Er sieht förmlich die Tränen über die noch nie gesehenen Wangen herunter rollen. „Nein, bitte nur das nicht. Wir verstehen uns doch so gut. Warum willst du alles kaputt machen?“ „Warum kaputt machen? Im Gegenteil, das wird erst der richtige Anfang für uns beide. Wir tauschen unser Telefonleben gegen ein normales aus. Hör mal, ich bin verrückt nach dir. Ich liebe dich. Ich will dich haben, mit dir leben. Wir sind füreinander bestimmt, davon bin ich überzeugt. Verstehst du? Es reicht mir nicht, nur deine Stimme zu hören. Du machst mich ganz verrückt. Wir müssen uns treffen. Also, wo und wann?“ Und so weiter, und so weiter. Sie gibt schließlich auf, kapituliert, führt noch nicht einmal mehr Max ins Feld, den es vermutlich gar nicht mehr gibt, vielleicht nie gegeben hat. „Wenn du unbedingt willst. Aber ich sage dir, du wirst sicher enttäuscht sein. Kennst du das Café Herrmann am Markt? Ja? Morgen Abend, neunzehn Uhr. Ich habe eine graue Jacke an und einen roten Schal und halte ein Buch in der Hand.

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