Ich muss hier weg, muss raus, nach draußen, ich weiß jetzt, wohin. Meine Hand findet auch im Dunkeln sofort den Autoschlüssel, er liegt wie immer in der kleinen Schale auf der Kommode im Eingang. Ich weiß, ich sollte nicht fahren in meinem Zustand, aber mir bleibt keine Wahl. Mit jaulendem Motor und quietschenden Reifen presche ich los. Straßenlaternen fliegen an mir vorbei, ich bin viel zu schnell unterwegs. Lichter blenden mich, Wassertropfen glitzern auf der Windschutzscheibe. Wieso regnet es auf einmal? Plötzlich ein heller Blitz, gleich darauf der Donner. Ein Gewitter, ja klar. Es war so schwül den ganzen Tag über. Die Luft riecht intensiv nach Sommerregen, dieser Geruch dringt in mein benebeltes Bewusstsein, drängt sich mir auf, wie ein Geräusch, das immer lauter wird. Es schüttet jetzt wie aus Kübeln, der Scheibenwischer kommt kaum hinterher. Ich sehe Bilder vor meinem inneren Auge, zwei glückliche Menschen, wir tanzen im Regen.
Die Straße ist glatt wie Schmierseife, ich muss mich aufpassen, Gas weg jetzt, gleich komme ich an die Kurve, wo es passiert ist. Da ändern sich die Bilder vor meinem Auge, schlagartig, ich sehe den Zeitungartikel, das Foto von dem ausgebrannten Auto. Plötzlich ein helles Licht, wie von einem UFO, ein lautes Hupen, ich kann gerade noch das Lenkrad zur Seite reißen. Schwerelos fliege ich an dem UFO vorbei. Die Welt explodiert, ich schmecke Gras und nasse Erde. Regen auf meinem Gesicht. Dunkel.
Als ich die Augen öffne, erkenne ich den Raum sofort. Es ist die kleine Pension im Schwarzwald, in die wir für ein paar Tage gemietet hatten, weil wir nur für uns sein wollten. Gewandert sind wir, stundenlang, haben geredet, über die Welt, über uns und über unsere Träume. Zukunftspläne hatten wir, wundervolle Pläne.
Der Raum ist spärlich möbliert, die unebene Wand weiß getüncht. Sonnenlicht fällt durch das gekippte Fenster, frische kühle Luft kommt von draußen rein. Das Bett ist weich, die Laken frisch bezogen. Ich schaue zur Tür, ich weiß genau, dass du gleich reinkommen wirst. Und so ist es auch. Lächelnd kommst du auf mich zu.
„Hast du gut geschlafen, mein Liebster?“
Ich weiß es nicht. Kann mich nicht an die Nacht erinnern, auch nicht an gestern oder vorgestern. Merkwürdig. Ich nicke trotzdem.
„Dann komm jetzt.“
Du streckst deine Hände aus und ziehst mich zu dir hoch. Ich schaue in dein engelsgleiches Gesicht, fühle eine tiefe Ruhe in mir, grenzenlose Geborgenheit. Eine leise Stimme, irgendwo in meinem Kopf flüstert: Alles wird gut.
Alles.
Wird.
Gut.
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Fatima
27 11-18 Minuten 1 Kommentar

Fatima
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schreibt Amorelio