„Ich habe dringlichen Bock auf Bagdads Backwaren.
Da ist es warm, da geb’ ich mich meinen Träumen hin,
Bei Fatima, der süßen Backwarenverkäuferin.“
Mir geht Peter Fox‘ Song Schwarz zu blau durch den Kopf, als mir der Duft von frischgebackenen Brötchen und Croissants in die Nase steigt. Immer, wenn ich an der kleinen Bäckerei vorbeikomme, bei der ich mir morgens auf dem Weg zur Arbeit eine Brezel oder ein belegtes Brötchen hole, fällt mir dieser Song ein. Die Bäckerei gehört Karim Firinci (Nomen est Omen), er hat sie zusammen mit seiner Frau Gunild vor mehr als dreißig Jahren mitten im Zentrum von Wuppertal in der Nähe des Bahnhofs eröffnet, kurz nachdem beide aus Algerien nach Deutschland gekommen waren. Der Laden ging vom ersten Tag an sehr gut. Karim verstand es ausgezeichnet, arabische und französische Backkunst mit deutscher Tradition zu verheiraten. Dass ich die Vornamen der Firincis kenne, liegt übrigens an Fatima. Die heißt tatsächlich so wie im Lied von Peter Fox. Vielleicht war der ja mal in Wuppertal, bei den Firincis, und hat sich dort zu seinem Songtext inspirieren lassen, wer weiß das schon.
Fatima war mit mir auf dem Gymnasium, in der gleichen Klasse. Sie ist das zweite Kind von Karim und Gunild, hat eine ältere Schwester und einen kleinen Bruder, auf den sie öfter aufpassen musste, während wir anderen Kids aus der Clique irgendwo abhingen. Ich war unsterblich in Fatima verliebt, aber leider wollte sie von mir überhaupt nichts wissen.
Nach der Schule haben wir uns dann aus den Augen verloren. Ich habe Informatik in Köln studiert und bin erst seit ein paar Wochen wieder zurück in Wuppertal, arbeite seitdem bei einem kleinen IT-Dienstleister, der Sicherheitssoftware für Industrieanlagen entwickelt. Keine Ahnung, was Fatima die letzten Jahre gemacht hat. Ich hatte sie fast schon vergessen, bis ich ihr vorgestern wieder über den Weg gelaufen bin – in der Bäckerei ihrer Eltern. Da stand sie hinter der Theke und hat, um Peter Fox zum letzten Mal zu zitieren, Backwaren verkauft. Und sofort waren sie wieder da, die Schmetterlinge in meinem Bauch. Das flaue Gefühl in den Knien, die roten Pennäler-Backen. Mit anderen Worten: Ich war sofort wieder schockverliebt in die süße Fatima, vielleicht noch mehr als damals, wo ich noch keine Ahnung von der Liebe hatte, wo die Worte „Lust“ und „Leidenschaft“ andere Bedeutungen hatten (und sich auf so Sachen wie Schokoladenkuchen oder Fußballspielen bezogen). Sprich: wo ich noch keine Vorstellung von Sex hatte.
Fatima
27 11-18 Minuten 1 Kommentar

Fatima
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schreibt Amorelio