Es war ein außergewöhnlich heißer Sommerabend.
Auch Nefret war einst der Willkür von Soldaten und Sklaventreibern ausgesetzt. Auch sie wusste, wie es einfachen Dirnen in den Hafenkneipen und Soldatenbordellen erging. Erreichte so ein armes Mädchen überhaupt einmal die Dreißig, was selten genug geschah, war ihr Körper ausgezehrt wie der welke Leib einer Siebzigjährigen. Die edle Hetäre hatte mit eigenen Augen gesehen, wie junge, saftige Schönheiten binnen weniger Monate zu welkem Stroh verblühten.
Ihre eigene Befreiung verdankte Nefret einem reichen Kaufmann aus Athen. Er hatte einen Narren an der goldhäutigen Ägypterin gefressen, und sie schließlich frei gekauft. Anschließend begleitete sie ihn auf Reisen und wärmte das Lager seines Alters. Aber davon soll später mehr erzählt werden.
Nun sah Nefret eine Schwester in Not. Sofort bat die Hetäre ihren Begleiter, seinen hohen Offiziersrang geltend zu machen, um das Mädchen aus der Hand der Gemeinen zu befreien. Galant wie er war, hielt der Tribun jene Soldaten auch sofort an, und stellte sie zur Rede. Diese aber erklärten freimütig, dass hier alles nach Recht und Gesetz verlaufe. Sie führten lediglich eine entlaufene Sklavin zu ihrem rechtmäßigen Eigentümer zurück.
„Und dass das nicht ganz angenehm für die „Rechtsbrecherin“ verlaufen konnte, lag doch wohl auf der Hand.“
Nach dieser Erklärung waren dem Tribun die Hände gebunden. Hätte er das Mädchen unter diesen Umständen befreit, hätte er gegen geltendes römisches Recht verstoßen, und sich somit selbst strafbar gemacht. Den Stadtsoldaten ließ sich nichts vorwerfen. Sie hatten die Gefangene nicht einmal ausgepeitscht, wie es das Gesetz für entlaufene Sklaven vorsah. Doch das hätte ihren Eigentümer gewiß auch nicht erfreut, wollte er sie doch als Schankreiberin einsetzen...
Unser Tribun ließ sich aber die Adresse des Eigentümers geben, um zum Gefallen der Nefret zu sehen, was er in dieser Angelegenheit noch erreichen konnte.
Nefrets Augen füllten sich mit mitleidigen Tränen. Die Soldaten nahmen das gefangene Sklavenmädchen zwar nun korrekt in die Mitte und verzichteten auf weitere gemeine Knuffe mit den Lanzenstielen. Aber die Ägypterin wußte es nur zu genau: In der nächsten Gasse, außer Sichtweite des Offiziers, würde das Spiel mit gesteigerter Grausamkeit fortgeführt werden...
Feuchte Erinnerungen
Nefret die Hetäre - Teil 1
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