„Liebe Ionier“, begann die Brünette ihre Ansprache. Dabei strich sie sich die langen Locken aus dem vollen, aber hübschen Bauerngesicht.
„Es ist uns eine besondere Freude, euch hier bei uns begrüßen zu können. Gewiss, ihr habt viel durchgemacht; eine Schlacht verloren, eine entbehrungsreiche Reise hinter euch gebracht und manchen toten Kameraden zu beweinen. Dazu habt ihr eine harte Zeit der Arbeit vor Augen.“
„Doch die Punier sind keine Unmenschen. Da ihr keine gewöhnlichen Verbrecher, sondern durch den Krieg mit unseren Verbündeten in punische Hand gelangte Kriegsgefangene seit, wird man euch nach zwei Jahren Frondienst wieder in die Freiheit entlassen.“
„Das gilt natürlich nur, wenn ihr euch gut führt und den Dienst ohne Murren verseht. Ergebt euch also in euer Schicksal. Denn es dauert nicht ewig an. Ich selbst war auch einst eine Unfreie aus eurer Heimat. Auch in meinen Adern fließt ionisches Blut. Nun bin ich das geachtete Eheweib des ehrenwerten Oberaufsehers. Befolgt also seine Befehle. Dann es wird euch an nichts mangeln“...
Die Hoffnung gibt dem Menschen Kraft. Zwei Jahre Steinbruch waren ebenso gut, wie ein sicheres Todesurteil. Fast wöchentlich wurde einer der Kameraden von einem Quader zerquetscht, oder starb an Erschöpfung.
Und doch ging es hier in der Tat humaner zu, als in den meisten Steinbrüchen der Welt. Denn die Punier pflegten ihr Werkzeug. Was waren wir schließlich mehr, in ihren Augen? Auch wenn wir von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang schufteten: Man ernährte uns gut.
Nach drei Monaten schließlich, meine Hände waren schwielig und ich hatte an Stellen Muskeln, wo ich sie früher nie für möglich gehalten hätte, rief uns der Aufseher zusammen. Er suchte nach einem Mann mit geschickten Handwerkerhänden. Er sollte der Mathematik kundig sein, ...und auch im Feilschen nicht eben ungeschickt. Denn unser Sklaventreiber wollte sein Wohnhaus erweitern.
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