Feuchter Untergrund

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Feuchter Untergrund

Feuchter Untergrund

Sven Solge

Komischerweise richtete sich mein Unmut nicht gegen die Frau mit den Samtaugen, sondern gegen das unfreundliche Personal.
Es dauerte über eine Stunde, bevor sich etwas regte. Ein Bett wurde aus dem Fahrstuhl geschoben und kamen in meine Richtung.
Ich hatte mich erhoben und schaute in das Bett, als es an mir vorbei geschoben wurde. Ich erkannte sie sofort, weil sie ihre Augen geschlossen hatte und ihre zarten Wimpern ihr ein so verletzliches Aussehen verlieh.
„Ines?“, sagte ich leise. Der Pfleger stoppte sofort. „Sie kennen die Frau?“, fragte er mich, während ich sah, wie Ihnes langsam die Augen öffnete.
„Ja, ich habe den Unfallwagen gerufen und bringe ihre Handtasche und ihren zweiten Schuh, den sie verloren hatte.“
„Das ist gut, sie scheint eine kurzeitige Amnesie zu haben, denn sie kann sich nicht an ihren Namen erinnern?“
„Manuel?“, hörte ich plötzlich leise Ines Stimme, wandte mich sofort ihr zu und nahm ihre Hand, die fahrig über die Bettdecke strich.
„Kommen sie man mit, ich bringe sie eben aufs Zimmer! Ich brauche noch ein paar Daten von ihr!“
Innerlich jubelte ich, von Amnesie konnte keine Rede sein, wenn sie sich an meinen Namen erinnern konnte.
Ich ging neben dem Bett her und spürte, dass Ines meine Hand fest umklammerte. Scheinbar war ich der einzige Halt, den sie im Moment hatte.
Der Pfleger schob das Bett in ein Zimmer, das zum Glück leer war und wandte sich dann an mich: „Bleiben sie bitte noch, ich hole mir eben was zum Schreiben.“
In der Zwischenzeit, bevor der Pfleger zurückkam, fragte ich Ines: „Hast du in deiner Tasche eine Versicherungskarte oder deinen Ausweis?“ Ich hielt ihr die Tasche hin und sie schaute mich ratlos an.
„Soll ich mal schauen?“, fragte ich.
Sie nickte und ich öffnete ihre Handtasche. „In der Seitentasche!“, sagte sie plötzlich mit überraschend klarer und fester Stimme.
Tatsächlich! Ich zog ein kleines Etui heraus in dem ihr Ausweis und ihre Versichertenkarte steckten.

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