Feuerbusch

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Anita Isiris

An jenem Freitagmorgen ging Jessica an ihm vorbei. Sie wirkte derart kühl und unbeteiligt, dass sie in ihm sogleich unsägliche Gier auslöste. Er folgte ihr zur Bahnstation und trat seitlich hinter sie. Wie eine Spinne fixierte er sein Opfer. Sie würde es sein, ja, sie würde mit ihm in seine kleine Wohnung kommen müssen. Die Bahn war halb leer. Würde er sich ihr gegenüber setzen können ohne aufzufallen? Viel Zeit hatte er nicht. Seine Wohnung lag in der Nähe des Gleisdreiecks, einer absolut farblosen Gegend, die wohl nur durch den in der Nähe liegenden Potsdamer Platz etwas aufgewertet wurde. Es gab da eine neue Bahnstation – er stieg aber gewohnheitsmässig noch immer am Gleisdreieck* aus. „Ich darf mich vorstellen? Hiro.“ Jessica betrachtete ihn etwas befremdet, wie er da sass, ihr gegenüber, trotz der vielen freien Plätze um sie herum. Sein Kopf schien ihr übergross, die Nase war etwas schräg, und er trug sein langes blauschwarzes Haar straff gegen hinten gekämmt. So wie sie. „Ich Schmuck verkaufe“, sagte er, „smaragdgrünen Schmuck für Dich.“ Dabei fixierte er sie aus tiefbraunen Augen. Irgendwie wirkte er treuherzig und überhaupt nicht bedrohlich. Das Tier versteckte sich weiter drinnen. „Ehm – na ja – eigentlich wollte ich einkaufen gehen“, entgegnete Jessica. „Ganz in der Nähe ich habe mein Geschäft. Ich Dir möchte Schmuck zeigen – bitte!“

Inständig bettelte er und kam Jessica vor wie ein kleiner Junge. Eigentlich hatte sie ja nichts vor. Sie war Regisseurin und führte somit ein Leben, das nicht an feste Arbeitszeiten gebunden war. Irgendetwas an diesem Mann faszinierte sie – und das wahre Leben bestand doch genau aus solchen Momenten – oder? „O.k.“, lächelte sie, „Ich komme mit, aber nur kurz, ja?“ Diese deutschen Frauen! Immer mussten sie eine Grenze setzen. „...aber nur kurz, ja...“ Hiro hatte aber sein Ziel erreicht, und das Herz schlug ihm bis zum Hals. Diese wunderschöne rothaarige junge Frau würde ihm in seine Wohnung folgen.

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Gedichte auf den Leib geschrieben