Filomenas Punze

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Filomenas Punze

Filomenas Punze

Anita Isiris

Bis zur Erschöpfung arbeitete Filomena Tag für Tag im Reinigungsdienst eines kleinen Spitals in der Region. Viel zu lachen gab es nicht in ihrem Job – die Bedingungen waren noch härter geworden seit der letzten Inflation, und Filomena wusste kaum mehr, wie sie das Geld für ihre Miete, geschweige denn für die Krankenversicherung zusammenkratzen sollte. Ohnehin fand sie das System höchst ungerecht. Wer in einem Spital nahezu für lau arbeitete, sollte nicht auch noch Geld für eine Krankenversicherung abdrücken müssen, Monat für Monat – Geringverdienerinnen wie sie schon gar nicht. Mit Herzklopfen verfolgte Filomena, die bereits seit über 5 Jahren in Deutschland lebte, die Brandreden von Alice Weidel auf Tiktok. Wie sie diese Frau liebte, diesen genialen Mix aus Scharfsinn, Hellsichtigkeit, Arroganz, Humor und Herzenswärme. Aber irgendwann, tief in der Nacht, hatte Filomena sich durch die ganzen Tiktok Kanäle hindurchgenudelt und liess ermattet die Hand sinken, die gerade eben ihr Smartphone gehalten hatte.

Da waren aber noch ganz andere Dinge zu bewundern auf dieser nicht ganz harmlosen, durchaus süchtig machenden Plattform. Frauen, die ihre geilen Kugelbrüste zur Geltung brachten, in Träger-T-Shirts und TankTops. Man konnte sie auf ihren Kanälen live kontaktieren, diese zumeist sehr jungen Frauen, ihnen virtuelle Blumen schicken und sich in die Diskussionen einklinken. Man konnte mit ihnen über alles reden, ausser über diese appetitlichen, runden Attribute, die sie zur Schau stellten. Sie taten das niemals aus Gründen des Exhibitionismus, sondern eigentlich nur, um Scroller:innen anzulocken, um mit ihnen das zu diskutieren, was sie als Influencerinnen tatsächlich beschäftigte. Und das waren keinesfalls ihre Titten. Sondern Dinge, die, anatomisch betrachtet, weiter hinten lagen. Tief in den Herzen begraben. Sitz der Seele. Intime Einblicke in Frauenleben.

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