Finsternis

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Finsternis

Finsternis

Yupag Chinasky

Als ihm der Gang neben und über die Sandhaufen und Gräben zu mühselig wurde, bog er wieder in das Reich der Finsternis ein. Am Ende einer der dunklen, natronlichtfreien Nebengassen sah er ein grünes Leuchten. Als er näher kam, stellte er fest, dass es der unwirkliche Schein einer giftgrünen Neonreklame war, der einen kleinen Hof ausleuchtete und bis auf die Straße drang. Er stand vor einem Massagesalon, der ihm in dieser einsamen Gegend irgendwie fehl am Platz vorkam. Auf dem Hof saßen ein paar junge Mädchen, die, weil sie ebenfalls giftgrün angestrahlt wurden, sich in seltsame Märchenwesen verwandelt hatten und warteten auf Kundschaft. Sie kicherten, als sie ihn sahen und auf seinen fragenden Blick hin, versicherten sie, dass es sich hier um richtige Massage handele. „No relax, no sex, just health massage, medical massage, you understand?” Eine von ihnen sprach ein paar Worte Englisch. Die anderen alberten herum, lachten und waren froh, dass er ihre Langeweile für kurze Zeit unterbrach. Wort- und gestenreich forderten sie ihn gemeinsam auf, einzutreten. Er zögerte, doch dann konnte er dieser geballten, weiblichen Überzeugungskraft nicht widerstehen, zumal er plötzlich fühlte, wie verspannt seine Muskeln waren. Er nickte den Mädchen zu und eine von ihnen, eine sehr kleine, sehr energische stand auf. Er folgte ihr in das Haus und sie zeigte ihm die Kabine, in der er sich auf eine schmale Matratze auf dem Boden legen sollte. Die junge Frau bedeutete ihm mit knappen Gesten, sein Hemd, seine Hose, die Schuhe und die Socken auszuziehen, nicht jedoch seine Unterhose, was sie abwehrend zum Ausdruck brachte, als er sich anschickte, auch die abzustreifen. Dann faste sie ihn an der Seite an und drehte ihn auf den Bauch, kniete sich dann neben ihn und begann ihr Werk. Ihre festen, diese harte Arbeit gewohnten Hände verschonten nur wenige Quadratzentimeter seiner Körperoberfläche, nur die wenigen Stellen im delikaten Bereich. Den Rest drückten und walkten sie sehr gründlich, sehr systematisch, von den Füßen bis zum Kopf. Ihre sehnigen Finger pressten, rieben, massierten und zwischendurch klopfte sie mit Handflächen und Fäusten auf ihm herum. Zum Schluss zog und zerrte sie an seinen Fingern und Zehen, bis es knackte und er fürchtete, sie würden aus den Gelenken springen. Dann war die Massage vorbei und es erfolgte auch kein Angebot, sie durch einen intimeren Teil zu ergänzen. Sie war schmerzhaft, aber wirksam gewesen. Gelöst und fast entspannt kehrte er eine halbe Stunde später zurück auf die von dem schwachen Grün leicht erhellte Straße.

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