Das Forsthaus im Spessart

Kapitel 1

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Das Forsthaus im Spessart

Das Forsthaus im Spessart

Nicolas Scheerbarth

In den schlanken, gepflegten Händen, die kaum den Eindruck machten, als kämen sie oft mit Wald- oder auch nur Küchenarbeiten in Berührung, trug sie ein leeres Tablett. Vermutlich hatte sie mich gar nicht kommen hören, sondern wollte nur das Geschirr des anderen Gasts abräumen, doch als sie mich sah, kam sie sofort auf mich zu und strahlte mich mit einem geradezu atemberaubenden Lächeln an.
"Hallo", grüßte sie mit warmer Stimme und leicht entschuldigendem Ton , "ich hab dich gar nicht gehört. Wartest du schon lange?"
Natürlich fiel mir auf, dass sie mich, einen Fremden und deutlich Älteren, ganz ungezwungen duzte, doch ich war gewiss nicht in der Verfassung, mich dagegen zu verwehren.
"Nein, nein, ich bin gerade eben erst gekommen."
"Oh, dann ist's ja gut. Ich hätte dich nicht bemerkt, fürchte ich. Kann ich dir etwas bringen? Vielleicht etwas zu trinken? Oder ... wenn du Hunger hast ... wir haben ganz frische Wildbratwürste."
"Beides!" strahlte ich sie an. "Eine große Apfelsaftschorle und einmal Bratwürste bitte."
"Aber gerne doch."
Sie lächelte noch einmal und war schon dabei, sich herumzudrehen, als mir der eigentliche Grund meines Besuchs einfiel.
"Und eine Frage hätte ich dann noch."
Sie hielt inne und drehte sich wieder zu mir.
"Ja, was denn?"
Ich schaute etwas verlegen drein.
"Ich glaube, ich habe mich verlaufen. Jedenfalls weiss ich nicht genau, wo ich bin. Könnten Sie ... könntest du mir auf meiner Karte zeigen, wie ich wieder zurück komme ... Richtung Petersbach?"
"Wirklich! Verlaufen?" lachte sie, spontan und ohne Häme, doch etwas lauter, als es hätte sein müssen, etwas lauter, als ich es bei einer weniger faszinierenden Person ohne Erwiderung geschluckt hätte.
"Ja, leider ..." antwortete ich und fügte ohne Nachzudenken hinzu: "Oder Göttin sei Dank, sonst hätte ich diesen zauberhaften Platz nie gefunden."

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