Er fieberte dieser besonderen Einladung entgegen, der er unbedingt folgen wollte. Liesel ahnte nichts von der Abmachung zwischen Luise und Karl. Sie wusste zwar, dass ihr ein tüchtiger Popovoll drohte, hatte sich aber damit abgefunden. Die Spuren auf ihrem Vollmond waren ja nun verblasst!
Punkt 15 Uhr begab sich Karl auf den Weg. Er klopfte an Liesels Zimmertür, innerlich voller Anspannung. Fräulein Luises Stimme war es, die ihn herein bat. Zu Liesels Entsetzen, das ihr deutlich anzusehen war. Kreidebleich stand sie vor der Gouvernante, die es sich auf ihrem Bett bequem gemacht hatte. Karl tat ganz überrascht, als wollte er die beiden Frauen keinesfalls stören.
„Oh verzeihen Sie, Fräulein Luise! Ich kann auch später wieder kommen, wenn Sie gerade etwas mit Lieschen zu besprechen haben.“ Seine Schwester warf einen flehenden Blick zu ihrer Erzieherin. Das Fräulein würde Karl sicher hinaus schicken! Liesel wurde kreideweiß, als sie Luises Replik vernahm.
„Bleiben Sie nur, werter Karl! Liesel bekommt heute ihre Strafe, die sie sich wahrlich verdient hat. Setzen Sie sich doch hier auf diesen Stuhl, wenn Sie möchten. Sie dürfen gern dabei zusehen, wie ein schon so großes Mädel noch behandelt werden muss. Lieschen lässt mir ja keine andere Wahl!“
Karl nahm die Einladung dankend an, setzte sich auf den ihm zugewiesenen Stuhl. Liesel bettelte, die Gouvernante möge doch auf die Anwesenheit ihres Bruders verzichten. Doch das Fräulein blieb stur, ließ rein gar nicht mit sich reden. Liesel war ganz verzweifelt, konnte kaum ruhig stehen. Immer wieder zupfte sie an den Falten ihres Rocks herum, besonders an denen, die im Bereich ihrer aparten Sitzpartie lagen. Luise saß breitbeinig auf dem Bett, raffte die Röcke über ihren Knien zusammen. Liesel stand unschlüssig vor ihr, obwohl sie ganz genau wusste, was Luise nun von ihr erwartete. Die Gouvernante krümmte ihren Zeigefinger, winkte das Mädchen zu sich her.
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