Französisch

Die Vorgeschichte eines unerwarteten Rendezvous.

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Kai Beisswenger

Seit mehr als zehn Jahren ist mein Freund Alfred begeisterter Teilnehmer eines Französisch-Konversationskurses. Seinen Ehrgeiz begründet er zwar mit Geschäftsreisen nach Nordafrika, die mit weniger guten Kenntnissen bei Weitem nicht so erfolgreich wären, doch ich vermute, es liegt wohl eher an der Attraktivität der weiblichen Kursteilnehmer.

Denn Alfred hat mir einmal in weinseliger Gemütsverfassung vertraulich mitgeteilt, dass Männer im Allgemeinen zu blöd und zu antriebsarm seien, um es in einer Fremdsprache zur wahren Meisterschaft zu bringen. Aus dieser Aussage habe ich dann den Schluss gezogen, dass der überwiegende Anteil der Kursteilnehmer weiblich und bestimmt sehr hübsch anzusehen ist.

Zudem schwärmt Alfred seit etwa einem halben Jahr von einer Kurskollegin, die angeblich Fachärztin für Urologie ist; mir persönlich erschien sie nach einmaligem Kennenlernen doch eher ausgesprochen eingebildet und wenig gebildet, was mich spontan davon überzeugt hat, dass ich sie weder in einer delikaten fachlichen- noch in einer privaten Angelegenheit konsultieren werde.

Gestern erschien Alfred nach Dienstschluss unangemeldet und aufgeregt in meiner Wohnung und ich ahnte schon, dass der Grund nur eine Frauengeschichte sein konnte.
Ich vermutete richtig, doch handelte es sich nicht um ein Techtelmechtel mit seiner angebeteten Ärztin, von dem er mir sehr ausführlich berichten wollte, sondern um ein unerwartetes Ereignis, welches jedoch in einer ganz besonders heiklen Beziehung zum Französischkurs stehen sollte.

Verlassen wir die etwas langweilig anmutende ‚indirekte Rede’ und folgen Sie mir, lieber Leser, bei der ausführlichen Betrachtung des Vorfalls in der Unterhaltungsliteratur üblichen ‚direkten Rede’.

„Das glaubst du nicht, mein lieber Freund, was mir gestern nach dem Kurs passiert ist!“

„Wahrscheinlich hast du mit deiner Ärztin praktische Übungen in ihrem Fachgebiet durchgeführt“ entgegnete ich etwas stillos.

„Ne, nicht mit der Ärztin, aber die Lektorin, auch eine tolle Granate, hat mir nach dem Kurs einen Zettel in die Hand gedrückt.“

„Ja und?“

„Lies selbst!“ und schon hatte ich ein Blatt Papier in der Hand. Ich begann zu lesen:

Lieber Alfred,
mit Freude habe ich zur Kenntnis genommen, dass du trotz begrenztem Sprachtalent seit Jahren mit Spaß und Freude bei der Sache bist und es nun verstehst , dich ganz passabel in der französischen Sprache auszudrücken, sehen wir einmal von deinem „petit accent allemand“ ab, der, das kann ich nicht verhehlen, in mir eine gewisse Spannung erzeugt.

Ich kann mir durchaus vorstellen, eine unbestimmte Lehrzeit vorausgesetzt, dass du auch in einer naheliegenden Disziplin eine handwerkliche Kunstfertigkeit erlangen könntest, die dir ungleich mehr Spaß bereiten könnte und mir zum Abbau meiner gespannten Erwartung verhelfen würde.

Wenn du Lust hast, deine sensitiven und durchaus mit Freude anzuschauenden Körperteile mit Ausnahme deines empfindlichsten Organs über mein Spannungszentrum gleiten zu lassen und das in einer Weise, die auch dir eine gewisse Lust bereiten sollte, dann lade ich dich ein, deine Kenntnisse zu vollenden, um auch sinnliche Aspekte unseres gemeinsamen Kurses abzudecken.

Ruf mich bitte möglichst bald an, damit wir schnellstmöglich einen Termin für unser „Rendezvous“ vereinbaren.

Deine Anne, Telefon 01…

„Und?“ Alfred schaute mich fragend an.

„Nun“ zögerte ich, um meine Gedanken zu ordnen… „Alfred, ich mach dir einen Vorschlag. Versuch es weiter bei deiner Ärztin, denn ich glaube nicht, dass Anne und du gut zusammenpassen. Ihr für Frauen ungewöhnlich technischer Schreibstil und ihre Dominanz, nein, da bin ich sicher – das geht nicht. Lass mich die Nummer notieren, ich denke, es ist besser, wenn ich die Dame anrufe!“

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