Frau Kreidler

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Frau Kreidler

Frau Kreidler

Johannes Seilmann

„Weißt du, ich bin es gewöhnt, dass mich Männer angucken. Viele auch, als wollten sie mich mit ihren Blicken ausziehen. Das ist alles andere als schön.“ Wieder eine Pause. Jetzt erwartete ich als Nächstes eine Standpauke.
„Aber wenn du mich so ansiehst, ist es für mich irgendwie anders. Du siehst mich an, als würdest du wenigstens vorher fragen. Wenn du mich ansiehst, ist es nicht provokant oder verletzend. Ich gebe zu, dass ich mich geschmeichelt fühle.“
Mir wurde heiß und kalt. Sie hatte mich durchschaut. Dass sie jetzt einen Schritt auf mich zu machte, machte es mir nicht leichter. Sie setzte sich halb auf einen der Tische, sodass ihr Schenkel auf dem Tisch lag, das andere Bein stand auf dem Boden. Ihre eng anliegende Jeans hatte genau an der bestimmten Stelle eine schmale Falte, die genau erahnen ließ, was sich darunter verbarg.
„Hm? Da schaust du gern hin, oder?“ Mit diesen Worten legte sie sich die Hand zwischen die Beine. Ja, das war genau die Stelle, auf die ich immer guckte. Jetzt fing sie auch noch an, sich langsam dort zu streicheln.
Verzweifelt suchte ich nach einem Ausweg aus der Falle. Ich hatte längst angefangen zu schwitzen. Aber: War es eine Falle oder war es ein Angebot?
„Komm mal mit.“
Wortlos ging ich ihr nach.
Der alte Kartenraum! Wie in meiner alten Schule gab es hier auch einen kleinen Raum, in dem die Karten für Gesellschaftslehre hingen. Die brauchte kein Lehrer mehr, weil die alle die Karten online hatten, die sie uns zeigen wollten. Niemand ging mehr zu Anfang der Stunde hierhin, um eine von diesen alten, aufgerollten Karten zu holen, die man dann an einen Kartenständer hängen konnte. In der Grundschule hatten wir so was noch.
Hier brachte sie mich also hin. Sie sah sich noch kurz um, bevor sie den Raum aufschloss. Dann schob sie mich sanft, aber bestimmt in den kleinen Raum. Sofort hatte ich diesen typischen Geruch in der Nase, den die alten Karten an sich hatten.
„Keine Sorge, Johannes, hier kommt niemand hin. Der Raum wird überhaupt nicht mehr genutzt. Hier stört uns niemand und du kannst tun, was du dir gewünscht hast.“

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