Die Freigängerin

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Die Freigängerin

Die Freigängerin

Wulff Triebsch

„Dann hat Vera Ihnen vielleicht auch erzählt, wie sie den Mann umgebracht hat.“ Ich schüttelte den Kopf. „Sie hat ihn beim Sex erwürgt, genauer gesagt mitten im Orgasmus. Als ihr Opfer nichts mehr wahrnahm, hat sie ihre Hände um seinen Hals gelegt und ihn solange gewürgt, bis er erst bewusstlos, dann tot war.“
Dr. Kerner blickte auf einen Aktenordner auf dem Schreibtisch. „So viel habe ich schon herausgefunden: Sie lehnt Männer ab. Aber gleichzeitig sucht sie immer wieder Kontakt zu ihnen, sogar sehr intimen. Beim Sex bricht es dann wie heißes Magma aus den Tiefen ihrer Seele hervor.“
Die Ärztin stieß einen Seufzer aus. „Ich muss wissen, was in Hanna beim Sex vorgeht. Auf meine Fragen antwortet sie jedes Mal ausweichend oder gar nicht. Ich brauche jemanden, der mir nachher alles bis ins kleinste Detail schildert.“ Dr. Kerner hielt ihren Blick fest auf mich gerichtet.
„Denken Sie dabei etwa an mich?“, fragte ich. - Die Ärztin nickte.
„Sex mit so einer Frau? Soll ich etwa riskieren, von Hanna mitten im Orgasmus erwürgt zu werden?“
„Deshalb habe ich mich ja auch an Vera, meine Freundin, gewandt. Sie schlägt vor, dass man das bei ihr im Swinger-Club ausprobieren könnte. Dort gebe es genug Voyeure, die eingreifen könnten, falls Hanna ihren mörderischen Neigungen nicht widerstand.“ Dr. Kerner räusperte sich und beugte sich ganz nahe zu mir. „Vera hat Sie auch empfohlen, weil Sie über Praktiken verfügten, die eine Frau wie Hanna davon abhält, ihrem Partner etwas anzutun.“ Sie lehnte sich zurück. „Außerdem seien sie ein genauer Beobachter, und ich würde von Ihnen genug erfahren, um Schlussfolgerungen für das Gutachten ziehen zu können.“
Ich stand auf, machte ein paar Schritte durch das Zimmer und blieb vor dem Fenster stehen, die Hände in den Hosentaschen vergraben. „Ein Honorar ist selbstverständlich.
Medizinisch brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Hanna ist kerngesund.

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