“ Die Ärztin schien sich ihrer Sache sicher. Ich wandte mich um und blickte sie nachdenklich an.
„Kann man mit Hanna vorher sprechen?“, wollte ich wissen. Dr. Kerner atmete erleichtert auf und nickte. „Natürlich! Wann immer Sie wollen.“
Schüchtern, fast ängstlich wirkte Hanna auf mich, als wir uns das erste Mal unter den Augen einer wachsamen Beamtin in einem Besucherraum des Gefängnisses gegenübersaßen. Größer als ich war sie, schlank und blass wie eine Leiche. Ich schaute gleich auf ihre Hände, auf die auch Hanna ständig ihren Blick gesenkt hielt. Wir sprachen nur wenig miteinander, nannten unsere Namen und stellten uns kurz vor. Sie klagte über das Essen im Gefängnis und die mürrischen Mitgefangenen. Ich fragte sie zum Abschied, ob ich etwas für sie tun könnte. Sie blickte mich lange bittend, fast flehentlich an. „Kommen Sie bald wieder!“ Ich nickte.
Bei meinem zweiten Besuch saßen Hanna und ich uns nicht mehr gegenüber sondern nebeneinander. Wir schwiegen eine Zeitlang, bis sich unsere Hände einmal kurz berührten. Sie lächelte und schaute mich lange an, alles unter den Blicken einer Beamtin, die uns nicht aus den Augen ließ. Hanna ergriff zuletzt sogar meine Hand und ließ sie bis zum Abschied nicht mehr los.
Bei unserem dritten Treffen waren Hanna und ich allein. Unsere Hände berührten sich gleich, wir spielten schweigend mit unseren Fingern wie kleine Kinder. Weiter gingen wir nicht. Die Kamera, die uns beobachtete, zeichnete alles auf. Hanna stieß einen tiefen Seufzer aus. „Ich wünsche mir, einmal mit dir ganz allein sein“, flüsterte sie mir beim Abschied zu. Ich ergriff ihre Hand und hauchte einen flüchtigen Kuss darauf. „Bald“, erwiderte ich.
Ich bat Dr. Kerner, statt meines nächsten Besuches Hanna den geplanten Freigang zu gewähren. Die Ärztin schaute mich nachdenklich an. „Das heißt, Sie wollen mit ihr schlafen.“ Sie dachte lange nach, vermutlich an die bürokratischen Hürden.
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