Mir war es einerlei und erfreute mich daran, dass es schnell genauso ruhig wurde, wie es zuvor gewesen war. Zu meinem Erstaunen blieb es nicht dabei, im Gegenteil. Stattdessen hörte ich Worte, die ich auf einem Friedhof nicht erwartet hätte.
„Endlich liegst du hier und gehst mir nicht mehr auf die Nerven. Genauso wie ich es mir seit Jahren gewünscht habe, du altes, blödes Schwein, ich verachte dich, spucke auf dein Grab!“, konnte ich deutlich eine weibliche Stimme hören.
Obwohl ein paar Meter weg, konnte ich vernehmen, wie jemand seine Nase hochzog und lautstark ausspuckte. Danach herrschte einen Moment Ruhe und ich dachte, dass sich die Person in die entgegengesetzte Richtung entfernt hatte, doch mir wurde schnell klar, dass dem nicht so war.
Währenddessen überlegte ich, wer es von den Trauernden sein konnte, und kam zu dem Schluss, dass es keiner von ihnen sein konnte. Alle, die ich gesehen hatte, waren auf dem Rückweg an mir vorbeigekommen. Bei den wenigen Personen war es nicht schwer, auf das Ergebnis zu kommen.
Also war sie von einer anderen Seite gekommen, vielleicht erst nachdem die Trauergäste gegangen waren. Warum, darüber konnte ich nur spekulieren. Eine Möglichkeit war, dass sie nichts mit den Trauernden zu tun hatte oder haben wollte. Mehr fiel mir im Moment nicht ein, obwohl es sicher Gründe gab. Mir war es egal, ich kannte den Verstorbenen nicht, und wenn ich ehrlich war, interessierte mich das Motiv nicht. Auf der anderen Seite war es unterhaltsam. Wahrscheinlich wusste die Person nicht, dass ich in der Nähe auf der Bank saß und zuhörte.
„Was hast du mir nicht alles versprochen, und was ist draus geworden? Du hast dich nicht scheiden lassen, hast der alten Krähe sogar alles vererbt und ich habe nicht einmal Krümel abgekommen. Dabei habe ich dich aufgebaut, ohne mich, hättest du es nicht geschafft. Aber das ist jetzt vorbei, ein für alle Male, und ich danke dem Tod dafür, dass dich vorher der Krebs bei lebendigem Leib zerfressen hat. Selbst da war ich bei dir, habe dich gepflegt, dir die Hand gehalten, dich gewaschen und dir den Arsch abgewischt. Und was habe ich nun davon? Nichts!“
Friedhof
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