Langsam wurde mir klar, wer dort stand. Es war keine Angehörige, kein Mitglied der Familie, aber eine Person, die dem Verstorbenen nahe gestanden hatte. Nachdem was ich gehört hatte, sogar näher als seine eigene Ehefrau. Wahrscheinlich war sie seine Geliebte gewesen, die ihm jetzt ihr Leid klagte, wobei es sich eher wie eine Anklage anhörte. Ihr Frust war klar herauszuhören, Verachtung. Liebe und Hass konnten eng beieinanderstehen und schnell von einem in das andere Umkippen. Hier schien ein Beispiel dafür zu sein. Auch wenn ich meine Ruhe haben wollte, war es zunehmend interessant und ich fragte mich, wie weit es ging, auch wie die Frau aussah, hätte ich gerne gewusst. Nach der Stimme zu urteilen, war sie relativ jung, doch dabei konnte man sich täuschen.
„Eigentlich sollte ich deine Asche aus der Urne holen, drauf pinkeln und im Klo herunterspülen. Es würde keiner merken!“, war sie sich sicher und ich hörte sie leise kichern. Dabei wurde mir klar, dass noch kein Friedhofsangestellter dort gewesen war, entsprechend offen das Grab, die Urne stand frei im Loch und es war einfach, auf sie zuzugreifen. Ob die Person so weit ging, darauf war ich gespannt.
Leider sagte die Frau lange nichts mehr und ich wusste nicht, ob sie unbemerkt gegangen war. Zwischen andeuten und machen, war ein großer Unterschied. Daher stieg meine Neugierde und nach zwei Minuten hielt ich es vor Ungeduld nicht mehr aus. Ich wollte nachsehen und stand auf, wollte vorsichtig um die Ecke schauen, um mich zu vergewissern, was los war.
Also schlich ich mich in die Richtung und schaute nach. Dabei hatte ich nicht damit gerechnet, was ich zu sehen bekam.
Die Frau war da, stand nicht mehr vor dem Grab, sondern war auf die Knie gesunken, hatte sich weit heruntergebeugt und einer ihrer Arme war in dem Loch verschwunden. Sie schien dabei zu sein nach der Urne zu greifen, bekam sie nicht mit einer Hand zu packen.
„Scheißding!“, fluchte sie leise, als sie es nicht schaffte, wobei es für mich surreal aussah.
Sie war im Gegensatz zu den anderen Trauergästen schwarz gekleidet, doch nicht in der Form, wie man zu einer Beerdigung ging. Ihr Minirock war kurz, die schwarzen Pumps hoch, fast Heels, das Top knapp gehalten. Dazu trug sie einen winzigen Hut, ähnlich einem Schiffchen sowie einen angedeuteten Schleier vor den Augen. Dazu passend, durchsichtige, schwarze Handschuhe, die bis über die Ellbogen reichten. Dass sie mir dabei ihren Hintern entgegen streckte, rundete das Bild ab.
Friedhof
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