Für alle Sinne

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Für alle Sinne

Für alle Sinne

Yupag Chinasky

Aber in Wirklichkeit tut er gar nichts, hört nur höflich zu, nippt an seinem Cocktail. Andere sind da viel forscher, die fangen schon mit dem Aperitif zu fummeln an und möchten schon vor der Vorspeise auf das Zimmer. Siggi, komm, tau auf, es wird schon, sage ich zu mir, denn er scheint wirklich ein wenig verklemmt, auf jeden Fall ziemlich zurückhaltend zu sein. Zum Glück gibt es aber das Büfett, es ist wirklich gut und damit werden wir jetzt anfangen. Siggi gehört nicht zu der Sorte, die als Allererstes vögeln wollen, um sich selbst zu beruhigen und sich dann auf alles andere zu konzentrieren, aber die sind ohnehin selten. Und so fange ich an, ihm zu erklären, was auf den Tischen so alles auf uns wartet. Soll ich eine Auswahl treffen, will er mitgehen, will er sich überraschen lassen, Louisa hat doch etwas von „Menue Surprise“ gesagt. Siggi will sich von uns überraschen lassen, aber zuerst einmal ein Bier, schön kalt und schäumend muss es sein. Ich übersetze für Flor. Wir lachen. Dann gehe ich und lasse die beiden allein. Als ich mit einem Tablett mit drei Tellern zurückkomme, sitzen die beiden immer noch genauso distanziert nebeneinander. Anscheinend ist das Sprachproblem doch zu groß oder Flor zeigt zu wenig Initiative, kann ihre Wünsche und Fähigkeiten nicht ohne Worte ausdrücken und Siggi ist einfach schüchtern, aber das gibt sich noch. Wir fangen an zu essen. Ich schiebe kleine Häppchen in Siggis Mund. Dabei beuge ich mich tief über den Tisch. Ich weiß genau, dass man mir dann zwischen den Brüsten hindurch bis auf den Bauch sehen kann. Mein BH ist nur ein hellblaues Fast-Gar-Nichts. Das wirkt immer, er bewundert sichtlich mein Dekolleté, kann die Augen kaum noch abwenden. Ich bin ganz für ihn da, deswegen bin ich ja hier. Er fühlt sich offensichtlich wohl, seine Augen strahlen, aber er schweigt und macht auch keinen Versuch, mal kurz in meinen Ausschnitt zu greifen, was andere sehr gern tun oder meinen Po zu begrapschen, als erweiterte Vorspeise sozusagen. Ich schicke Flor los, um für uns Getränke zu holen, Weißwein sage ich ihr, den 73er Riesling aus Deidesheim. Man muss schließlich zeigen, dass man was versteht. Und noch ein Bier, ruft ihr Siggi nach.

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