Gebt Ramona Spielzeug

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Gebt Ramona Spielzeug

Gebt Ramona Spielzeug

Anita Isiris

Es war ihr allererstes Casting, und Ramona war entsprechend nervös. Ihr schwarz-weiss gestreifter Pulli verriet nicht allzu viel von ihrer Figur, aber der Interviewerin spielte das eigentlich keine Rolle. Die Videos, die hier in diesem kleinen Studio entstanden, lebten von Spontaneität und nicht von irgendwelchen XXL-Reflexen. Der Busen durfte also klein sein, wie der von Ramona. Es kam aber darauf an, was sie von sich erzählte und wie sie sich präsentierte. Ramona trug, als Erkennungsmerkmal, einen dichten, dunkelbraunen Zopf, der ihr bis an die Hüften reichte. Sie war bildhübsch, hatte ein ausdrucksvolles Gesicht mit auffallend grossen Lippen und wasserklaren Augen. Aus Gründen der Diskretion soll ihr Beruf hier nicht verraten werden, nur so viel: Ramona hatte mit Menschen zu tun, und die mochte sie auch. Ramona war verheiratet und musste ihren Gatten fast einen Abend lang davon überzeugen, dass das hier das Richtige war. Sich in einem Interview an die Öffentlichkeit wenden. Und dann, in den Folgevideos, mehr von sich preiszugeben als einen schwarz-weiss gestreiften Pulli, einen dicken, langen Zopf, auffallend grosse Lippen und wasserklare Augen.

Schliesslich hatte Ramonas Gatte seufzend eingelenkt. Mitten in der Pandemie war es für seine Frau nicht einfach, an einen adäquat bezahlten Job zu kommen, und für Reinigungsarbeiten war sie sich zu schade. Dann war ihr das kleine Inserat ins Auge gestochen, in dem junge Frauen gesucht wurden, die gefilmt werden wollten. Mehr war dem Inserat nicht zu entnehmen, und es befand sich in einer renommierten Tageszeitung. Der Ausdruck «gefilmt werden» liess aber keine Zweifel offen, um was für Filme es da genau ging.

Die Menschen waren pornomüde geworden, sie hatten dieses Offensichtliche, die schalen Texte, die Titten, die aus den Körbchen platzten, die ewiggleichen Blow Job Szenen satt. Gründlich satt. Dementsprechend sanken bei den grossen Porno-Providern die Abonnent_innenzahlen exponentiell. Es musste etwas Neues her, das so neu vielleicht gar nicht war.

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