Der Gefangene

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Der Gefangene

Der Gefangene

Yupag Chinasky

Das war lächerlich, in seiner Situation Wohlbehagen. Aber ihm viel kein anderes Wort ein. Und in seinem Kopf, das musste er zugeben, wollte der Gedanke, dass diese Frau abgrundtief schlecht war und nur das Schlimmste für ihn wollte, einfach keinen Platz finden. Seltsam, dachte er, es war, als ob sie ihn immer noch verhexen würde, als ob sie immer noch Macht ausüben würde. Gewissermaßen war es auch so, denn die Hoffnung, die ihm blieb, war sie, allein sie konnte ihn befreien. Wer denn sonst? Diese Frau müsste ja irgendwann wieder kommen und es müsste ja auch wieder Tag werden. Er müsste mit ihr reden, aber sie verstand ihn ja gar nicht. Nein, reden ging nicht, er würde ihr Geld anbieten oder seine Uhr, aber beides hatte sie sicher schon an sich genommen, bei dem Herumtasten im Dunkeln hatte er seine Kleidung nicht entdeckt und damit auch nicht sein Taschenmesser, das er dringend gebraucht hätte. Er müsste ihr etwas bieten, was auch immer es sein könnte, und ihr zugleich versprechen, dass er nicht zur Polizei gehen würde, wie auch immer er diese Botschaft rüberbringen könnte. Die zweite Hoffnung, die er noch hegte, war, dass man in der Lodge sein Verschwinden inzwischen bemerkt haben würde und ihn wohl schon suchen würde. Er hatte zwar nicht gesagt, wo hin er gehen wollte, aber so viele Möglichkeiten gab es nicht. Irgendjemand würde doch auf die Idee kommen, ihn auch in dem verlassenen Dorf zu suchen, aber, so die nüchterne Einsicht, wer würde schon freiwillig den Weg hochsteigen, nur um ihn zu suchen.

Die immense Wut, das sinnlose Gezerre an seiner Fessel, das vergebliche Nachdenken, die pure Verzweiflung, all das hatte ihn müde gemacht. Er saß auf dem Fußboden, mit dem Rücken an den verdammten Pfosten gelehnt, halb im Tran, halb wach, als auf einmal ein leises Quietschen ertönte, die Haustür ein wenig geöffnet wurde und das frühe Licht des Morgens das Dunkel ein wenig erhellte.

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