Der Gefangene

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Der Gefangene

Der Gefangene

Yupag Chinasky

“ Der steile Weg den Berg hoch, dazu noch in der prallen Sonne, die vielen verdammten Stechmücken, der quälende Durst, all das war vorbei und jetzt würde genau das Gegenteil eintreten. Wohliges Ausruhen auf den weichen Kissen in dem halbdunklen Raum, ein Liter Weizenbier und die Aussicht auf Nachschub und statt der Stechmücken nur ein paar lästige Fliegen, die um ihn herum summten. Vor allem aber dieses Vollblutweib, das in ihrer eindeutigen Lauerposition ihm gegenüber saß, zum Greifen nahe, unfassbar, wenn das nicht der reinste Widerspruch wäre, konstatierte er, die war alles andere als unfassbar, die war fassbar, die wollte angefasst werden, das spürte man doch, das sah man, das war sonnenklar. Doch statt nun einen Vorstoß zu machen, statt auszuloten, wie weit er gehen könnte, statt diesem unbestimmten, aber dennoch totsicheren Gefühl des Begehrens nachzugeben, fing er an, sich einer anderen Regung hinzugeben. Es war so schön hier, so entspannt und so merkte er, dass er ein wenig schläfrig wurde, und er wünschte sich noch mehr, als mit dieser Frau anzubändeln, sie anzugrabschen oder was auch immer, dass er vorher noch ein paar Minuten, vielleicht eine halbe Stunde Ruhe bräuchte, etwas Schlaf bräuchte, um sich zu sammeln, um sich vorzubereiten und würde man sehen. Etwas dösen, das wäre ideal, da weiteres Reden nichts brachte und er sich doch nicht so ganz sicher war, dass die Frau auch das wollte, was er, zumindest unbewusst, schon wollte. Er machte es sich jedenfalls noch bequemer und legte sich auf die Kissen und Decken und grinste dabei die Frau vielsagend und doch auch wieder nichtssagend an, in der Hoffnung, sie würde ihn verstehen, seine Bedürfnisse verstehen und ihm diese Ruhepause zubilligen würde. Sie verstand ihn, doch es kam ganz anders, als er es sich vorgestellt hatte. Vielleicht hatte sie geglaubt, dass er sich für sie bereit machen wollte, sie einladen wollte, näher zu kommen, indem er sich hinlegte und wohlig ausstreckte.

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Gedichte auf den Leib geschrieben