Als sie nach dem Mädchen rief, kam diese mit angstgeweiteten Augen gelaufen. Sie betete insgeheim, dass sie sich heute keinen Fehler geleistet hatte, denn die letzte Behandlung durch ihre Herrin war erst zwei Tage her und die Striemen schmerzten noch immer.
Mit Schaudern dachte sie daran! Als die ersten Hiebe niedersausten, schrie sie unwillkürlich auf. Sie klammerte sich an die beiden Holzbeine des Schemels und zappelte mit den Beinen. Da schlug die Herrin wütend auf ihre Schenkel und Waden ein, ungeachtet ihrer Schreie, immer wieder.
„Wir werden heute Abend einen kleinen Besuch bei meiner Freundin Alexandrowa machen. Der Fürst ist ja nicht da, melde in der Küche, dass ich auswärts essen werde. Dann gib dem alten Pförtner Bescheid, dass er uns kutschieren soll!“
Der alte Pförtner war immer schon stumm und hauste nun in dem alten Pförtnerhaus neben dem Eingangstor, das nicht mehr in Verwendung stand. Sein Stillschweigen war also gewährleistet, obwohl er natürlich wusste, was die Fürstin so trieb. Doch er behielt es für sich, er hatte ja sonst keine weiteren Dienste zu verrichten und genoss das Gnadenbrot. Schon lange wurde das Tor von der Garde nachts geschlossen und tagsüber blieb es offen.
Katja wusste sofort, was das bedeutet. Sie musste das Bad für die Fürstin richten, sie nachher mit duftenden Cremen massieren, ihre Haare bürsten und sie schminken. Wenn Natalia sich in Lydia verwandelte, dann trug sie das Haar offen, steckte kleine glitzernde Sterne ins Haar und verwendete ein etwas auffallendes Parfum, dass sie sich von einem Drogisten aus dem Künstlerviertel der Stadt anfertigen ließ. Es hieß, er sei Alchimist, Zauberer und vielleicht sogar ein Hexer! Sie freute sich auf den Abend, denn dann konnte sie sich in der Küche der Villa von Madame aufhalten und mit der Köchin den neuesten Klatsch austauschen, während sie auf Natalia wartete.
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