Ginas Tagebuch

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Anita Isiris

“ dachte ich bei mir, wie schleppe ich den halbalten Typen an dieser Zicke vorbei? Ich rief ein erklärendes „brother“ zur Kabine hin – und schon waren wir im Korridor. Es stank nach Abfall; überall türmten sich schwarze Säcke. Die wurden bloss ein Mal im Monat abgeholt; ein Kollege hatte schon Ratten gesehen. Ich schloss meine Tür nie ab, weil das Schloss eh hinüber war. Es quietschte in den Angeln. Tom setzte sich auf den einzigen Stuhl im überhitzten Raum, ich mich aufs Bett. Ich geb’s ja zu – etwas verlegen war ich schon, denn er filmte wieder; diesmal meine Beine.
„Soll ich uns nen Tee machen?“ Ich setzte den Tauchsieder in Betrieb und angelte mir zwei Tassen. „Hübsch hast Du es hier“, schmeichelte er. Dabei war das einzig Schöne meine Querflöte, und die konnte er nicht sehen. Ich hatte sie zuhinterst im Schrank versteckt, da ich die Tür ja nicht abschliessen kann. „Hey! Mein T-Shirt hast Du doch schon gefilmt – bei Mac Donald’s?“ „Zieh es ein wenig hoch, mir zu liebe“, bat er, „hast Du ein Piercing?“ Etwas an der Situation fand ich prickelnd. Da sass ein ca. 30jähriger Holländer auf meinem einzigen Stuhl – und interessierte sich für mein Nabelpiercing. Ich zeigte es ihm, was sprach denn schon dagegen? Tom zoomte. „Ein bisschen höher, bitte, ich muss mehr sehen!“ War das eine Filmsession oder was? Als er den unteren Rand meines marineblauen BH’s (mein bestes Stück) zu sehen bekam, geriet er vollends ins Schwärmen. „Meine Lieblingsfarbe“ sagte er. „Eigentlich brauch ich gar keinen BH“, verriet ich ihm, „meine Brüste sind eh zu klein“. Damit hatte ich seine Neugier vollends geweckt. Ich fühlte mich sicher. Nebenan wohnte Jan, mein Kollege, und wenn Tom zudringlich würde, brauchte ich nur laut zu schreien. Als ich das T-Shirt über meinen Kopf zog, fragte Tom, ob ich mich in den Achseln rasiere. „Nur im Sommer, ab und zu.“ Dann musste ich die Hände hinter dem Kopf verschränken.

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