Goldlöckchen

Geschichten vom Anfang der Sinnlichkeit

19 5-9 Minuten 0 Kommentare
Goldlöckchen

Goldlöckchen

Stayhungry

Im Licht der Morgensonne fielen ihm zuallererst ihre langen blonden Locken auf, als sie auf ihrem Fahrrad in einem wackeligen Slalom zwischen Bäumen, wuchernden Bodendeckern, belegten Fahrradständern und den Begrenzungspfosten zum Gehsteig hin einen freien Stellplatz suchte.
Sie trug einen weißen Sommerrock, durch den er im Gegenlicht ihre Beine sehen konnte, und ein leichtes Jäckchen im zartem Beige gegen die morgendliche Kühle. Barfuß in Schnürsandalen schritt sie damenhaft auf den Eingang zu.
Er hielt ihr, ganz Kavalier, die auf und erhielt ihren fröhlichen Dank und einen tiefen Blick, den sie errötend schnell senkte.

*

Noch gehörte sie nicht zu den gereiften jungen Frauen, die sich am lustvollen Leiden des Mannes ergötzen können.
Vielen Frauen ist die zarte wie auch die leidenschaftliche Berührung allein sinnliche Anregung, und oft genießen sie diese umso mehr, wenn sie ihre Augen schließen, geben sich ganz dem Spüren hin.
Das lieben jene vorgenannten auch zur rechten Zeit. Ihnen aber ist der Blick die aufrichtigste Berührung. In ihm gibt es noch keinen vorbestimmten Ablauf, in ihm spiegelt sich das Gewitter der vielfältigen Regungen des Augenblicks, des Verlangens, der Zurückhaltung, der Hoffnung, der Furcht, den Moment zu zerstören, der Ungewissheit, wo Gewissheit doch schon zu greifen scheint.
Gefahr und Verheißung liegen gleichermaßen in ihm, und zu keinem Zeitpunkt ist dieses Ziehen in der Brust, die schier unerträgliche Beengung der Atmung, das heiße Pulsieren des Blutes stärker. Eine unermessliche Kraft durchströmt sie und die Sehnsucht nach der 
greifbaren Erfüllung ringt mit dem übermächtigen Wunsch, dieser Augenblick möge niemals enden.

*

Klicke auf das Herz, wenn
Dir die Geschichte gefällt
Zugriffe gesamt: 24319

Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.

Gedichte auf den Leib geschrieben