Die „Imperatrice du soleil“ fuhr langsam den breiten Strom hinunter, dessen braunes Wasser zahllose kleine Wirbel und Strudel bildete, die beim Auftreffen auf Hindernisse größer und kraftvoller wurden und die Gewalt der Strömung ahnen ließen. Stundenlang glitt das Schiff an der einförmigen, grünen Front des Urwalds vorbei, die nur hie und da von kleinen Inseln unterbrochen wurde und von Sandbänken, auf denen träge Krokodile einträchtig neben großen, weißen Vögeln lagerten. Manchmal tauchten kleine Ansiedlungen auf, Hütten mit Wellblech- oder Grasdächern, deren Bewohner eilfertig mit Kanus längsseits kamen, um Waren zu tauschen, Passagiere zu befördern oder Lebensmittel zu verkaufen. Im Gegensatz zu ihrem hochtrabenden Namen war die „Imperatrice du soleil“ ein alter, rostiger Kahn, der schon seit Jahrzehnten die Wichtigste, ja fast die einzige funktionierende Verkehrsmöglichkeit in diesem unwegsamen Teil des Landes darstellte.
Es war um die Mittagszeit und die Sonne brannte auf das fast leere Deck. Die Passagiere hatten sich in den Schatten geflochtener Matten oder Sonnensegel geflüchtet, um zu schlafen oder vor sich hin zu dösen. Das Tuckern des Motors war das einzige laute Geräusch, das den Frieden störte. Er hatte den Schatten seiner Kajüte trotz der Hitze verlassen, um diese eintönige, wiewohl faszinierende Landschaft in sich aufzunehmen. Er war froh, mit eigenen Augen zu sehen, was er bisher nur aus Filmen wie Africa Queen, Aguirre oder Fitzcarraldo kannte.
Der Unfall ereignete sich ganz plötzlich und er hatte ihn genau beobachtet. Ein kleiner Junge war einen Moment lang der Aufsicht seiner Mutter entkommen und lief auf die Reling zu. Die Mutter war aufgestanden und lief ihm nach, für den Jungen ein Zeichen, dass sie mit ihm Fangen spielen wollte. Er lief hüpfend und lachend weiter, bis zur einer Stelle, an der zwei altersschwache Pfosten umgeknickt auf dem Boden lagen und als notdürftige Sicherung nur ein Seil gespannt war.
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