Er war bis an das Ende der Welt gereist, nach Feuerland, dem südlichsten Teil von Südamerika. Er hatte mit Bus und Flugzeug von Buenos Aires aus die Weiten Patagoniens erkundet. Nun war er nicht nur am Ende der Welt, sondern auch fast am Ende der Reise angelangt. Für Ushuaia, die südlichste Stadt der Welt, malerisch am Beaglekanal gelegen und von hohen Bergen mit Schnee auf den Spitzen umrahmt, waren zwei Tage vorgesehen. Es würden unvergessliche Tage sein, stand im Reiseführer, und sie wurden es, wenn auch anders, als eigentlich vorgesehen. Am ersten Tag machte er die üblichen Ausflüge, in den Nationalpark „Tierra del Fuego“, holte sich Briefmarken und einen Stempel in den Reisepass im südlichsten Postamt der Welt und fuhr ein paar Kilometer mit der Schmalspurbahn, die früher zum Holztransport eingesetzt worden war, aber jetzt nur noch für die Touristen da ist. In Feuerland war das Wetter keinesfalls nass und kalt, wie er erwartet hatte, sondern sonnig und warm. Am Himmel wechselten sich dramatische Wolkengebilde ab, die, zusammen mit der kargen Landschaft, einmalige Fotomotive ergaben, genau solche, die er als Fotograf liebte. Das schöne Wetter hielt auch noch am zweiten Tag an, als er eine ausgiebige Rundfahrt auf dem Beaglekanal unternahm, vorbei an einem einsamen Leuchtturm, zu einer Insel voller Kormorane, die in aufgeschreckten Schwärmen und wild kreischend ein paar Runde drehten, bevor sie sich wieder auf dem kahlen, vollgeschissenen Felsen niederließen, in enger Gemeinschaft mit großen, braunen, trägen Robben. Der Heimflug war am dritten Tag in der Frühe vorgesehen. So viel zum offiziellen Besuchsprogramm, aber das wahre Leben fängt meistens erst an, wenn die Nacht hereinbricht.
Er war in einem einfachen Hotel, dem „Fin del Mundo“, untergebracht. Wenn er kein Taxi nahm, musste er eine ganze Weile zu Fuß gehen, um in das Stadtzentrum zu gelangen, aber das war kein Problem.
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