„Wahre Worte, die auch mir schon durch den Kopf gingen und doch kann ich an meinen Gefühlen damit kaum was ändern. Ich verstehe mich selbst nicht mehr“, antwortete ich unter einem tiefen Atemzug, setzte aber leise hinzu: „Belastet es dich denn gar nicht, wenn du hörst, dass Tom gerade Gina fickt?“
„Nein, nicht wirklich. Vielleicht liegt das aber auch an meinem Wissen um seine Fantasien. Es macht ihn ja geil, dass ich von dir gefickt werde. Er will ja, dass ich anderen Männern zur Verfügung stehe. Was er allerdings nicht weiß, ist, dass es bei uns mit Liebe verbunden ist und es keine anderen Männer geben wird, die das mit mir tun dürfen. Außerdem darf er ja auch Gina ficken. Bei dir liegt das vielleicht ein bisschen anders. Du liebst Gina, mehr noch als mich, dass weiß ich, und dir ist klar, dass sie das Wissen um uns auch belastet.“
„Auch Lea, ihr zwei seid unglaublich. Ich liebe dich“, gestand ich und näherte meine Lippen den ihren.
Diesmal war sie es, die auswich und mir ihre Finger auf den Mund drückte.
„He, was ist los? Hast du die Regel vergessen?“
„Für einen Moment ja“, antwortete ich und küsste ihre Finger.
Lächelnd ging sie auf das Fingerspiel ein, doch irgendwann hat eben alles ein Ende. Die Fickgeräusche nebenan erstarben, wir kehrten in die Wirklichkeit zurück und standen auf. Gemeinsam gingen wir ins Bad, um uns frisch zu machen. Dort umarmten wir uns noch einmal herzlich und bemühten uns dann um normale Distanz. Ich richtete das Frühstück für uns Vier und Lea begann, Ordnung zu machen.
Tom blieb länger liegen, Gina hingegen kam bald aus dem Bad zu mir in die Küche, um mir zur Hand zu gehen. Bis auf ein: „Guten Morgen“, fiel kein Wort und ihre Miene wirkte undurchdringlich, aber genauso müde, wie ich mich fühlte.
Bald saßen die beiden Frauen und ich bei Kaffee und frischen Brötchen, die ich schnell noch geholt hatte. Immer noch fielen nur wenige Worte und ich fürchtete schon, dass diese Nacht ein Desaster ausgelöst hatte, als Gina die Stille durchbrach:
„Ich dachte heute Nacht mehrfach, er fickt dich wund, aber anscheinend hat es große Vorteile, wenn man immer so feucht ist wie du“, begann sie und sah von mir zu ihr.
Das Blut stieg mir ins Gesicht und ich senkte die Augen. Lea hingegen fasste sich schnell und wollte ihren Entschluss kundtun:
„Gina, wir haben uns …“
„Sei still, als ich euch allein ließ, ahnte ich was passieren würde, aber ich muss heute unbedingt einiges klären, und zwar mit ihm allein.“
Gina wandte sich mir zu und fragte:
„Ich möchte nach dem Frühstück mit dir zum Stausee fahren, um mich dort ungestört mit dir auszutauschen. Ist dir das recht?“
„Selbstverständlich“, antwortete ich betreten.
„Gut. Lea, holt ihr bitte Susi vom Zug ab, denn ich denke, wir werden nicht zur rechten Zeit zurück sein?“
„Klar, ich schmeiß Tom dann aus dem Bett und wir machen hier Ordnung.“
„Danke, zieh aber bitte unser Bettzeug ab, ich möchte heute in frischer Bettwäsche schlafen.“
Nun war es Lea, die einen knallroten Kopf bekam und nur betreten nickte.
Gina drängte zum Aufbruch, weshalb wir schnell unseren Kaffee austranken. Während der Fahrt schwiegen wir uns an. Ich aus Angst vor dem Gespräch und sie vermutlich um sich zu sammeln. Vor Ort machten wir das Faltboot klar und Gina ließ mich an eine versteckte Uferstelle paddeln. An ins Wasser hängenden Ästen zogen wir das Boot an Land und setzten uns auf eine, vom Wasser aus nicht zusehende Felsterrasse. Über uns der bewaldete Steilhang, vor uns durch die Äste das im Sonnenlicht schillernde Wasser. Eine malerische Stelle, geeignet für ein unbeobachtetes Schäferstündchen.
„Hier habe ich schon einige Ficks gehabt“, begann sie mit einem Seitenhieb, lächelte mich an, wegen meiner Betretenheit und fuhr fort. „Es hat sich etwas geändert, wir haben uns verändert und die Rollen getauscht. Als wir uns kennenlernten, war ich es die nicht genug Sex bekommen konnte. Damals konnte ich es mir nicht vorstellen, mich auf nur einen Mann zu beschränken. Ich wünschte mir Abwechslung in jeder Form und du wolltest nur mich. Die Lust auf andere Frauen war dir fremd. Jetzt bin ich es, die nichts anderes haben möchte als dich. Ich habe freiwillig die Führung abgegeben und das nicht nur beim Sex. Ich bin dabei sie in jedem Bereich an dich abzutreten, was mir früher undenkbar erschien und gerade weil du das eigentlich nicht willst, fällt es mir leicht. Es ist mir auch klar, dass ich an der jetzigen Situation nicht schuldlos bin, denn ich habe dich bedrängt, die Lust an anderen Frauen zu finden. Du kannst dich jetzt kaum noch zügeln und verlierst dich in deiner Geilheit. Es ist okay für mich, doch ich muss wissen, dass ich dein Dreh- und Angelpunkt bin. Die Nummer eins in deinem Leben und deshalb frage ich dich nun zum zweiten Mal, seit wir uns kennen: Habe ich dich heute Nacht verloren?“
„Nein, hast du nicht“, antwortete ich ohne Zögern. „Ja, ich gestehe, es ist wieder Liebe im Spiel und ich hasse mich dafür, weiß aber nicht wie ich es hätte verhindern können. Lea und ich haben darüber gesprochen und wir sind uns einig, dass wir keine gemeinsame Zukunft hätten. Wir werden diese Gefühle verdrängen und uns auf eine reine Sexbeziehung beschränken, aber nur mit deinem Einverständnis. Lea hat gesagt, sie überlässt dir die Entscheidung, und wenn du dein Veto einlegen willst, ist es für sie okay, sie hofft aber, dass es nicht so sein wird. Ich bin jedoch in den letzten Stunden zu der Ansicht gekommen, dass es besser wäre, wenn du wirklich dein Veto einlegst. Eins hoffe ich jedoch aus tiefsten Herzen, dass du mir verzeihen kannst.“
„Ich habe nichts zu verzeihen. Für deine, eure Gefühle könnt ihr nichts, und selbst wenn du dich für sie entschieden hättest, würde ich euch nicht im Wege stehen. Als ihr euch gestern in diesem Rausch verloren habt, konnte ich die Liebe förmlich wachsen sehen, und als ich euch in der Nacht allein ließ, wollte ich euch die Möglichkeit zur Entscheidung geben. Dass es eine Nacht voller Sex werden würde, war mir klar. Dass es mich so schmerzen würde, euch endlos ficken zu hören, hatte ich aber nicht erwartet. Wir sind jetzt quitt, eins will ich aber noch wissen: Habt ihr euch geküsst?“
„Nein, haben wir nicht“, antwortete ich bestimmt.
„Naja, eigentlich ist es auch nicht mehr nötig, denn ihr habt eure eigene Art des Küssens gefunden. Dieses Fingerspiel bewirkt bei euch das gleiche. Von der Sache her könnten wir die Regel streichen, aber, wenn du denkst, es wäre besser diese Pärchen Beziehung zu beenden, warum tust du es dann nicht selbst?“
„Naja … weil ich … Lea meinte …“
Gina lachte leise auf.
„Weil du es tief im Herzen gar nicht willst. Ihr wollt mir den schwarzen Peter zuspielen, um euch nicht selbst entscheiden zu müssen. So wird das aber nichts. Ich beende es nicht, solange ihr zwei es nicht übertreibt und du mir zeigst, dass ich deine Nummer eins bin.“
„Jetzt fängst du auch noch mit diesen Nummern an. Lea faselt schon etwas von einer Nummer Zwei, ich will aber keine Mehrfachbeziehung, ich will im Grunde nur dich. Ja, ich möchte auch gerne weiter mit Lea Sex haben, aber diese ganzen widerstreitenden Gefühle, machen mich langsam fertig. Jetzt gerade im Moment möchte ich am liebsten fliehen, zurück in mein altes Leben, in diese einfache klar strukturierte Umgebung. Ich kann kaum noch nachvollziehen, wie es zu all dem gekommen ist und warum ich immer so tiefe Gefühle zu euch Frauen entwickle.“
Ich hatte mit leerem Blick aufs Wasser gesehen und meine Gedanken rasten immer noch wild durcheinander, sodass ich nicht gleich bemerkte, dass Gina nicht antwortete. Als ich schließlich den Kopf drehte, blickte ich in erschrockene, feucht schimmernde Augen.
„Was ist?“, fragte ich bestürzt.
„Ist das dein Ernst?“
„Was meinst du?“
„Dass du zurück zu deiner Frau willst.“
„Uhm“, stöhnte ich leise auf. „Nein, ich sehne mich nur nach klaren Verhältnissen, merke aber, dass ich mich immer tiefer in eine Welt verstricke, in der es ständig Veränderungen gibt. Aber eigentlich will ich das auch wieder, weil ich jetzt erst richtig lebe. Ich bin irgendwie total von der Rolle.“
Zum ersten Mal an diesem Tag nahm mich Gina in den Arm, küsste mich innig und streichelte mich sanft.
„Dich an Lea zu verlieren hätte ich verkraften können, dich wieder bei deiner Frau zu wissen hingegen nicht. Ich habe so sehr um dich gekämpft und werde mich bemühen, dir auch jetzt zu helfen.“
Gina nahm meine Hand, streichelte sie und lehnte sich ein bisschen zurück.
„Dein großes Plus, weswegen ich dich so sehr liebe, ist zugleich dein Handicap. Bei unserem Dreier mit Ariane sagtest du zu Beginn: Wenn es gut werden soll, muss ich immer einer von euch meine volle Aufmerksamkeit widmen. Du machst das so intensiv, dass schnell eine tiefe Bindung entsteht, was einerseits schön ist und das Erlebnis perfektioniert, andererseits das auslöst, was dich dann belastet. Es ist dein großes Dilemma, weil du dich so tief in die Frau hineinversetzt, die du gerade körperlich liebst, das es auch zur seelischen Liebe wird. Du schaffst dir selbst, wovor du dich fürchtest und was du eigentlich gar nicht willst. Ich kann und will dir das nicht nehmen, denn es ist das, was dich ausmacht und ich an dir liebe. Du sollst auch Lea weite fi … lieben können. Ich möchte nur immer wieder die Bestätigung bekommen, dass ich dein Anker bin. Und wenn ich ehrlich bin, ich habe Gefallen daran gefunden mit Tom intim zu sein. Bei ihm kann ich die Führung übernehmen, ihn dominieren, das hat mir irgendwie ein bisschen gefehlt. Nur um das klarzustellen: Das gilt nicht für dich. Von dir will ich geführt werden, weil du das mit einer Harmonie tust, die ich so noch nicht hatte. Können wir versuchen auf dieser Basis weiterzuleben?“
Ich brauchte ein Stück um das zu verarbeiten und mich zu entscheiden, weil ich es immer noch belastend fand, dass sie mit Tom Sex haben würde. Lea wollte ich allerdings auch nicht verlieren und sie musste das ja auch ertragen, also einigten wir uns auf dieser Basis.
Es wurde eine lockere Beziehung, in der sich Lea und ich so weit in den Griff bekamen, dass es für die Anderen wirklich nur nach einer Sexbeziehung aussah. Nur wenn wir unbeobachtet waren verloren wir uns in diesem Fingerspiel und zeigte uns unsere Gefühle.
Nicht immer war Tom dabei, manch eine Nacht, wenn er auf Montage war, kam sie mit seiner Erlaubnis auch allein zu uns. Diese Nächte waren die schönsten, wobei ich aber immer versuchte Gina zu zeigen, dass sie die Nummer eins war.
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