Herzberliner

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Anita Isiris

Easyland war eine ausnehmend langweilige Shopping Mall. Von H & M über Lidl bis zu Ramax und Orell Füssli gaben sich hier alle Grossen ein Stelldichein. Es schien fast, als müssten sie präsent sein, die Armen, obwohl sie vermutlich Verluste schrieben. Seit der Eröffnung von Easyland in einem Vorort von W. gingen die Besucher- respektive Konsumentenzahlen Jahr für Jahr markant zurück. Der Inhalt von Orell Füsslis Bücherregalen blieb unberührt – die Herzberliner am Backwarenstand vermutlich ungegessen.
Am Donnerstag um zehn Uhr fand sich Herr Pharod in der Shopping Mall ein. Er kam sich ein wenig verloren vor und war von gestressten Frauen umgeben, die Billigfleisch, Unterwäsche und Windeln suchten. Da erspähte er Dragana. Sie trug dieses Mal eine senfgelbes Trikotkleid, das ihr allerdings nicht sehr vorteilhaft ins Gesicht stand. Es machte sie blass und ein bisschen pummelig. Nein, Dragana hatte keine Lara Croft-Figur, sondern den Körper einer ganz normalen Konditorin. Nur ihre Brüste waren überproportioniert. Ironischerweise propagierte der Kleiderladen gegenüber ihrem Backwarenstand Uebergrössen. “Wir bieten auch Cup D und E.” Wer im Easyland einkaufte, war in aller Regel nicht grazil. Der Grossteil der Kundinnen bestand aus Frauen um die Fünfunddreissig, die entweder bereits Kinder hatten oder nie welche haben würden. Das kompensierten sie mit Süssigkeitenkonsum und exzessiven TV-Abenden zuhause. The next Uri Geller. The next Topmodel. The next Musicstar. The next. Ausladende Hinterteile in viel zu engen Jeans waren die Folge, klassische Frauenbäuchlein unter unvorteilhaften Blusen, die diese Frauen älter machten als sie es in Wirklichkeit waren. Möpse, die die Knopfreihen dehnten und dem geneigten Betrachter verrieten, dass der weisse BH, der sie mühevoll zusammenhielt, mit Bestimmtheit kein Hanro war.

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