Heute bin ich Batman

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Heute bin ich Batman

Heute bin ich Batman

Sophie Andresky

Ich kam auf die Idee, dem Fremden ein Spiel vorzuschlagen und simste ihm, ich würde mich als Prostituierte verkleiden. Er war gleich begeistert und beschloß als biederer Geschäftsmann zu erscheinen. Ich war aufgeregt wie früher zu Weihnachten, wenn es m Wohnzimmer raschelte und flüsterte, und zog mich geradezu verboten an: schwarze Netzstrümpfe, hohe Higheels, ein hautenges Stretchkleid, daß ich mal in einem Sexversandhaus bestellt, aber nie angezogen hatte, weile s mir zu gewöhnlich war, dazu eine weiße Perücke. Die Nägel und Lippen malte ich mir dunkelrot,. Fast schwarz, an, dann war ich fertig. Der Taxifahrer war mein erster Test, und den bestand ich offensichtlich. „Na Schätzchen“, grummelte er, „nächster Termin?“ Ich lachte und ließ mich zum Flughafen chauffieren. Die Lounge war nur mäßig besucht. Ich setzte mich an die Bar und schlug die Beine übereinander, so daß alle die Strapse sahen, mit denen ich die Netzstrümpfe befestigt hatte. Ich hatte gerade eine landende Boing beobachtete und deshalb nicht gemerkt, wie sich jemand neben mich gestellt hatte, ein bis oben hin zugeknöpfter Mann mit Aktenköfferchen und Trench. „Wieviel?“ fragte er, ich drehte mich um und verzog keine Miene. Es war Sven. Auch er lächelte nicht. „Dreihundert“ sagte ich, „französisch inbegriffen.“ Er nickte, zahlte meinen Drink und führte mich zur Rezeption. Vor allem Leute legte er seine Hand anzüglich auf meinen Hintern, aber ich wehrte mich nicht, sondern griff ihm meinerseits an den Schritt, während er das Eincheckformular ausfüllte. Oben im Hotelzimmer spielten wir weiter Kunde und Hure und hatten einen Heidenspaß dabei. Als er eingeschlafen war, überlegte ich, wie es weitergehen sollte, immerhin hatten wir uns beide beim Seitensprung überrascht. Aber Sven machte keine große Geschichte daraus. Im Gegenteil: Er hatte Feuer gefangen und dachte sich neue Geschichten aus: Von einem bekannten lieh er sich die Schlüssel zu seiner Zahnarztpraxis und empfing mich als Patientin. Ein anderes mal, ließ er sich als Stricher hinter dem Bahnhof von mir aufgabeln. Wir erfanden ganze Filme, die wir nachspielten und die immer nassgeschwitzt und feucht gevögelt zwischen klammen Laken endeten.
Und wenn Sven sich heute in seinen schwarzen Taucheranzug pellt und zu mir sagt „Ich bin Batman, und Du, Cat-Woman, kannst flüchten wohin Du willst, ich krieg Dich doch“, dann sage ich das einzige, das noch paßt, bevor ich mich in der abgedunkelten Wohnung verstecke und auf ihn warte: ein langgezogenes, erwartungsvolles „miau“.

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