Heute bin ich Batman

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Heute bin ich Batman

Heute bin ich Batman

Sophie Andresky

Im sprichwörtlich verflixten siebten Jahr schnappte sie uns, die Langeweile. Sie erwischte uns an der empfindlichsten Stelle: Sven neben dem linken Hoden, an dem ich ihn früher nur zu berühren brauchte, damit er anfing zu lachen und mich packte, damit wir ein Weile Wölfe spielen und schließlich übereinander herfallen würden. Und ich merkte es zuerst an den Brüsten, bei denen mir, gerade als sich Sven darüber beugte, um die Spitzen zu küssen, der Gedanke kam, ich würde sie jetzt gerne mit einer Algenemulsion eincremen. Wir waren beiden traurig. Als wir uns kennen lernten, hatten wir beide zwei oder drei belanglose Geschichten hinter uns. Sven erzählte von einem Mädchen aus seiner Klasse, die beim Küssen ihr Kaugummi im Mund behielt, und ich erinnerte mich an einen Studienkollegen meines Bruders, der, als er mich an seine Boxershorts preßte tatsächlich fragte „Spürst Du meinen Kleinen?“ Was soll man darauf sagen? Vielleicht „Nein, der ist nun wirklich zu klein“ oder „Ach und ich hatte schon gehofft, Du hättest eine Rolle Fünfmarkstücke versteckt, um mit mir Billard spielen zu gehen.“ Sven warf sich fast aus dem Bett vor lachen, und endgültig vorbei war es, als ich ihm noch von dem Typen erzählte, der die Beiwohnung (er sagte nicht vögeln, weil er dafür zu gebildet war) immer anschließend bewerten mußte. Da lag er dann neben mir und rauchte und gab so Kommentare von sich wie „Gutgut, nicht ganz so heftig wie gestern, dafür harmonischer.“ Oder „Vielleicht etwas schnell, aber überraschend.“ Ich wartete auf die Nacht, in der er Wertungstafeln wie beim Eiskunstlauf hochhalten würde, schmiß ihn schließlich raus und suchte nach jemanden, dem meine Sommersprossen auf der Nase auffallen würden, der mitten in der Nacht loslaufen würde, um mir an der Tankstelle einen Becher Walnußeis zu besorgen und der alte Stummfilme genauso liebte wie ich. Und den fand ich auch: Sven. Die ersten Wochen kamen wir aus dem Bett gar nicht raus.

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Gedichte auf den Leib geschrieben