Es war angenehm mild und ihm schien, als wolle ihn die Stadt für das Ungemach des gestrigen Abends trösten.
Nachdem die beginnende Dunkelheit seiner Stadterkundigung ein Ende bereitet hatte, saß er wieder auf den roten Plastiksitzen, diesmal vor einer Mischung aus Pilzen, Hackfleisch und Kroketten. Minnie leistete ihm ab und zu Gesellschaft, jedoch recht selten, denn heute herrschte viel Betrieb. Doch immer wenn sie vorbeikam, konnte sie ihre Neugier kaum zügeln. Wo er herkomme, was er hier mache, ob ihm die Stadt gefalle, was er heute besichtigt habe. Nachdem er seinen Teller mit Mühe geleert und ihre Frage, ob er Nachschlag wolle, verneint hatte, wurde sie sehr persönlich, ja geradezu indiskret. Ob er verheiratet sei, ob er Kinder habe, welchen Beruf er ausübe und was er verdiene. Noch vor dem Kaffee machte er dem lästigen Verhör ein Ende und wagte sich diesmal doch auf die Avenue. Es war Samstagabend, viele Leute waren unterwegs, was sollte da schon passieren? Als er am Ende seines Rundgangs wieder bei MacDonalds eintrat, um den verpassten Kaffee zu trinken, war es auch hier richtig voll. Alle Tische waren besetzt und er suchte, mit seinem Pappbecher in der Hand, einen freien Stuhl, den er schließlich in einer Ecke ausmachte.
Überrascht stellte er fest, dass an dem Tisch, den er ansteuerte wieder das Mädchen vom Vorabend saß. Er hatte sie erst gar nicht erkannt, denn heute trug sie keinen Regenmantel, aber das rote Täschchen lag wieder auf dem Tisch und sie war diesmal weder müde noch geistesabwesend noch traurig. Sie nickte, als er fragend auf den freien Stuhl deutete, strich sich die Haare zurück und lächelte ihn an. Als er neben ihr saß, roch er auch wieder das herbe Parfüm, obwohl es aus seinem Zimmer verschwunden war, nachdem die schwarze Mammie die Bettwäsche gewechselt hatte. Aus dem Zimmer war der Duft verschwunden, nicht jedoch aus seinem Gedächtnis.
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