Hotel Agnesa

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Hotel Agnesa

Hotel Agnesa

Anita Isiris

Im selben Gebäude hält sich der Hotelbesitzer ein Vivarium mit Giftschlangen.“ Auf leisen Sohlen stahl Evelyne sich aus dem winzigen Zimmer und ging nach unten. Sie war froh, dass sie sich vorher zurechtgemacht hatte. Duschen mochte sie nicht. In der Küche wartete schon Herr Wenger auf sie. „Das ist Evelyne“, wandte er sich erklärend ans vorwiegend männliche Personal, „dann lasst das Küken mal flügge werden“. Frech versetzte er Evelyne einen Klaps auf den Hintern und empfahl sich. „Na, dann wollen wir mal sehen“, wandte sich ein feister Kerl an sie, dessen Mundgeruch sie beinahe umhaute, „wasch den Salat. Wenn ich danach auch nur ein einziges Sandkorn darin finde, dann setzt’s was.“ Machtspiele waren hier wohl an der Tagesordnung. Evelyne war aber froh um den geschützten Rahmen, den diese Küche ihr bot – vor dem Kontakt mit den Gästen an der Bar hatte sie jetzt schon Lampenfieber. Die Jungs waren einigermassen anständig zu ihr; natürlich wurde sie hie und da betatscht, sie schrieb das aber ihrem engen Rock zu. Hätte sie doch auf ihren Vater gehört. Vermutlich waren ihre festen, runden Pobacken wirklich eine Provokation.

Spätabends ging es dann hoch zu und her. Die Gäste, vorwiegend Deutsche, Schweizer und Österreicher, begannen zu johlen, schütteten sich gegenseitig Bier in die Kehle und riefen immer wieder nach dem „Fräulein“. Wie Evelyne diese Bezeichnung hasste! Sie war doch eine Frau... aber in der Hotellerie war „Fräulein“ noch immer die offizielle Berufsbezeichnung. Sie waren zu zweit; ihre Kollegin hiess Sandra und war eine Vollblutitalienerin. Immer deftiger zogen die Männer über Sandra her – wohl weil sie glaubten, dass sie nicht jedes Wort verstand. Gegen 1.00 Uhr, als sie sich kurz bückte um etwas Kleingeld aufzuheben, war sofort ein Mann zur Stelle, der ihren Rock hochhob. Sandras rosa Höschen war zu sehen; die Besoffenen brüllten vor Vergnügen.

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