Die Illusion

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Die Illusion

Die Illusion

Yupag Chinasky

Auch für ihn war dieses Gefühl, wenigstens kurzzeitig zu einer derart exquisiten Gesellschaft zu gehören, ausschlaggebend für die Buchung gewesen. Er hatte sie schon lange im Voraus tätigen müssen. Exklusivität hat seinen Preis und Reisen wie diese muss man nicht wie Sauerbier anbieten, sie waren immer rasch ausgebucht. Obwohl es regelmäßig ein großes Loch in seine Urlaubskasse riss und seine finanziellen Möglichkeiten fast überstieg, meinte er, sich wenigstens einmal im Jahr ein solches Vergnügen leisten zu müssen, um sich selbst zu bestätigen, sein Ego aufzuwerten und, wie er meist vergebens hoffte, seinen alltäglichen Frust zu kompensieren. Er brauchte diese Bestätigung, er wollte zu den „happy few“ gehören, die sich „luxury unlimited“ leisten konnte, obwohl er, wenn er ehrlich zu sich war, Menschen, die sich in solchen Gesellschaften tummelten, nicht besonders schätzte. Die meisten waren nach seiner Erfahrung reiche Spießer, die sich nur Sorgen machen mussten, wie sie ihr Geld am besten ausgaben. Es gab sicher auch andere, die sich ihre Traumreise vom Mund abgespart hatten oder eine Erbschaft verjubelten, aber die interessierten ihn nicht. Er suchte Kontakt zu crème de la crème, nicht zum Plebs. Bei einer solchen Reise boten sich durchaus genügend Möglichkeiten der Kontaktaufnahme, beim Aufenthalt an Deck oder am Pool, bei den Cocktailpartys, den Unterhaltungsabenden mit ihren läppischen Gesellschaftsspielchen, beim Stehempfang des Kapitäns und natürlich jeden Tag beim „Lunch“ und beim „Dinner“. Kurioserweise nutzet er aber diese Gelegenheiten gar nicht. Wenn es ernst wurde, wenn er den ersten Schritt machen oder das erste Wort an jemanden hätte richten müssen, verzog er sich lieber oder schwieg.

Mit wem, so fragte er sich dann in solchen Momenten, mit wem will ich hier eigentlich etwas zu tun haben? Warum soll ich mir das antun und mit den Leuten reden und meine Zeit verplempern?

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