Sie jubelen ihren Lieblingen zu und strafen diejenigen, die ihnen nicht gefallen, mit Gleichgültigkeit. Unmutspfiffen oder gar Buhrufe gibt es keine. Wenn ein besonderer Ohrwurm die Masse elektrisiert, klatschen die Leute noch intensiver, stampfen, tanzen, werfen die Arme hoch, singen mit, pfeifen vor Begeisterung oder stoßen selbst die schrillen Schreie aus, die sonst den Frauen auf der Bühne vorbehalten sind. Alle starren in eine Richtung, auf die hell erleuchtete Bühne, auf die Ansammlungen von Männern und Frauen in farbenprächtigen Gewändern, auf die Musikgruppen mit Trommeln, Pauken und Trompeten. Alle, Männer, Frauen, Kinder, Junge, Alte sind begeistert und gebannt von ihren Idolen. Sie haben nur noch diese vor Augen, nur noch ihre Musik in den Ohren. Er dagegen, nachdem seine erste Neugier gestillt ist und er das Gefühl hat, das sich alles wiederholt, sucht sich andere Objekte, die sein Interesse erregten. Er beobachtet die Menschen. Die einen stehen ganz versonnen und gebannt da, haben die Augen geschlossen, den Mund geöffnet, um leise mitzusingen. Die anderen gestikulieren wild und verzückt und starren auf die Bühne. Wieder andere tanzen auf der Stelle und singen die Schlager lauthals mit. Er dreht sich immer wieder weg von der Bühne, weg von dem Ort, auf den sich alle konzentrieren und sieht nach hinten, in die entgegengesetzte Richtung. Auf diese Weise kann er die Menschen von vorne betrachten, kann sich einzelne herauspicken und auf sie seine kleine Kamera richten, die er bei seinen abendlichen Spaziergängen und natürlich auch jetzt immer dabei hat. Aber gezielte Aufnahmen kann er er doch keine machen, dafür ist das Licht zu schlecht. Er hält die Kamera auf die Menge und drückt wahllos ab. Er muss das Licht hin nehmen, wie es ist: zuckende, bunte Spots, hastige Streiflichter, die über die jubelnde, wogende Menge huschen. Den Blitz seiner Kamera benutzt er nicht, er wäre zu schwach und hätte nur die Atmosphäre gestört und die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt. Denn hier, inmitten des Trubels, kann er ungestört fotografieren. Hier interessiert es niemanden, was er tut. Die Menschen sind in Feierlaune und milde gestimmt und außerdem sind sie voll von dem absorbiert, was auf der Bühne geschieht. Sie nehmen gar nicht wahr, was in der Nähe passiert. Viele haben auch Kameras dabei, heben sie über ihre Köpfe und versuchen ihre Idole auf den Film zu bannen. Leider kann er seinen Standort kaum wechseln, ohne dass er sich durch die Menge gepflügt oder geschlängelt hätte. Aber anderswo wäre das Bild auch nicht viel anders. Also bleib er, wo er ist, selbst fast unbeweglich, eingekeilt in die bewegte Menschenmasse.
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