Im Stillstand

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Im Stillstand

Im Stillstand

Chloé d'Aubigné

Er atmet kurz scharf ein. Dann seine Hand – erst ein Federstrich an meiner, zögerlich, aber voller Absicht. Finger verhaken sich, finden Halt, als wäre das längst überfällig.
„Vielleicht wollte ich das nicht wahrhaben“, flüstert er. „Vielleicht machst du mir mehr Angst, als mir lieb ist. Weil du echt bist.“

Etwas in mir bebt. Wir sind beide ungeschützt, eingeklemmt zwischen Metallwänden und diesem Augenblick. Mein Kopf will Distanz, mein Körper kennt die Antwort längst.

Alles passiert gleichzeitig schnell und in Zeitlupe: Ich lehne mich ein Stück vor, atme den Mix aus Parfüm, Haut und etwas Eigenem ein – dann ist er da, ohne Zögern. Der erste Kuss knistert – es entlädt sich in diesem aufgestauter Trotz, doch auch aufgestaute Lust.
„Unvernünftig“, murmele ich, kaum atmend.
„Gut so“, antwortet er, ein Lächeln, weich und neu an ihm.

Für einen Moment halten wir uns einfach fest, vergessen, dass es draußen eine Welt gibt, die darauf wartet, dass wir wieder ihre Rollen spielen. Hier drinnen gilt gerade nur: Wer will sich noch kontrollieren, wenn niemand zuschaut?

Die Enge des Raumes, das fahle Licht, zwei erhitzte Körper – die Spannung hat endlich einen Ausweg gefunden. Und wir wissen beide: Kein Zurück, kein Bereuen, keine weiteren Fragen.

Das Neonlicht flackert, wirft merkwürdige Schatten über unsere Gesichter, in denen Verlangen und Scham sich abwechseln. Alles ist ungefiltert in diesem Moment – der vertraute Duft seines Parfüms, das nun aber nicht mehr nach Chef riecht, sondern nach mehr. Das Knistern in der Luft, mein Atem, der viel zu laut klingt.

Er sucht noch einmal meinen Blick – eine letzte Möglichkeit, es bleiben zu lassen. Doch wir sind längst über den Punkt hinaus, an dem man sich noch belügen könnte. Mein Herz schlägt wild, ich spüre seine Hand an meinem Gesicht, rau und warm auf meiner Wange.

„Wenn du willst…, dass wir aufhören, sag es jetzt“, sagt er leise, und zum ersten Mal klingt seine Stimme fast zärtlich.

Ich antworte mit einem Kuss, entschlossen, hungrig. Er zieht mich an sich, seine Lippen auf meinen, seine Hände an meinen Hüften – jetzt gibt es nichts mehr zu diskutieren. Die Enge des Raumes macht alles unmittelbarer.

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