“Je panique”, sagte sie zu sich, “je panique”. Mit dem Prickeln des warmen Wassers kam aber die Entspannung, und Lisa entdeckte sogar eine Flüssigseife, mit der sie sich einrieb. Sie wusste ja, dass die kleine Kirche den Touristen in regelmässigen Abständen gezeigt wurde – und möglicherweise schloss sogar zwischenzeitlich jemand den Schlafraum auf und befreite sie beide. Dieser Kuno schien ein ganz netter Typ zu sein – sie fühlte sich ihm nicht etwa ausgeliefert, sondern eher von ihm begleitet und durch ihn unterstützt. Lisa trat aus der Dusche und tastete sich nochmals der Wand entlang. Tatsächlich! Ein Lichtschalter! Wieso sie nicht vorher darauf gekommen war, ihn zu suchen, hätte sie nicht zu sagen vermocht. Anscheinend hatte sie ihr Schicksal, hier 24 Stunden in Dunkelheit verbringen zu müssen, einfach mal hingenommen. Zu ihrer Enttäuschung blieb es aber dunkel – Jacko hatte ja sie Sicherungen fürs Licht auf “off” gestellt. Trotz allem veruschte Lisa, ihre Frisur zu ordnen und strich Rock und T-Shirt glatt. . “Der Lichtschalter hier draussen funktioniert nicht – Scheisse”, hörte sie Kuno rufen und öffnete kurz darauf die Tür. Sie hatte seinen deutschen Satz nicht verstanden. “Muss auch mal pinkeln”, sagte der Hannoveraner und nickte Lisa freundlich zu. Er war grösser als sie sich ihn vorgestellt hatte, muskulös, wie ihr schien, und er trug das Haar für ihren Geschmack etwas kurz. Ein Brummbär. Un ours. Lisa kehrte ins Schlafzimmer zurück. Sie setzte sich aufs Bett und dachte nach. Sie war eine Frau, die schon alles Mögliche erlebt hatte, etwa eine Nacht in einer Tiefgarage, aber sie musste sich sehr zusammenreissen, um nicht in Panik auszubrechen. Es war nicht Platzangst, was ihr Sorgen bereitete, sondern das Bewusstsein, tief unter der Erde und vom pulsierenden Leben an der Sonne ausgeschlossen zu sein.
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