Im Untergrund von Coober Pedy

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Im Untergrund von Coober Pedy

Im Untergrund von Coober Pedy

Anita Isiris

“Something to eat?” “Oh... yes. My name is Lisa.” Sie hatte sich ihm bis dahin nicht vorgestellt, und die Aussicht auf etwas Essbares verbesserte ihre Laune augenblicklich. Kuno, der Forscher und Entdecker, hatte in einer der dem Hauptraum abgewandten Säulenfläche einen kleinen Kühlschrank ausgemacht. Zu seinem Erstaunen war er in Betrieb, spendete aber kein Licht. Er gab auch sonst nicht viel her, aber immerhin standen auf dem Regal ein paar “Eve”-Bierchen, etwas Lachs und Knoblauchbrot, das aufgewärmt deutlich besser geschmeckt hätte als direkt aus der Kühle. Die Bierchen deuteten darauf hin, dass auch Kirchenväter keine Kinder von Traurigkeit sind. Bierchen im Schlafzimmer, jaja. Gierig trank Lisa aus dem angebotenen Glas und biss herzhaft in ein Stück Brot, das Kuno mit Lachs belegt hatte. Das Gespräch kam nur stotternd voran, wegen der Sprachbarrieren, aber im Wesentlichen konnten sich die beiden, über den Umweg ins Englische, bestens verständigen. Dann legte Kuno sich der Länge nach auf die eine Betthälfte und schloss die Augen. Lisas Herz klopfte bis zum Hals, als sie sich neben den fremden Mann legte, aber was hätte sie sonst tun sollen? Als Kuno auch eine halbe Stunde später keine Anstalten machte, die Situation zu missbrauchen, wurde Lisa etwas kecker. “Raconte-moi quelque chose”, bat sie ihn. “Was soll ich?” “Tell me something abour your life”, machte sich Lisa verständlich. “I am Kuno from Hannover”, sagte Kuno, “I am a banker.” “Oh... you must be very unlucky then”, sagte die Kindergärtnerin, die sehr wohl über die drohende Wirtschaftskrise im Bild war. “Well... sinnierte Kuno. “And what is your job?” “I work in a suburb of Paris. Kindergarten, you know.” Im Gespräch kamen sich die beiden Gefangenen näher, und Kuno atmete den Duft von Lisas Fenjal-Flüssigseife. “Did you take a shower?” fragte er sie. Lisa bejahte. Weder Kuno noch sie trugen eine Armbanduhr, und sie hatten nicht die geringste Ahnung von der Tageszeit. Versammelt hatten sie sich am frühen Morgen, allerdings hätte jetzt Nachmittag, aber auch bereits Abend sein können. Lisas Fenjalduft durchmischte sich mit einem Hauch von Knoblauch. Alles in allem aber gar nicht unangenehm, befand Kuno, und rückte ein wenig näher zu ihr. Lisa liess es geschehen. “Soon they will set us free”, sagte Kuno zuversichtlich und ergriff Lisas Hand. Sie entzog sie ihm nicht. Knoblauchbrot, Lachs und Bier hatten gut geschmeckt, und sie fühlte sich mit einem Mal entspannt und zufrieden. Auch die schwüle Hitze machte ihr nichts mehr aus; die Dusche hatte sie erfrischt, und sie hatte sich ans eigenwillige Klima in dieser Katakombe gewöhnt. Nun wurde Lisa selber aktiv und rückte ein wenig näher zu Kuno. Die beiden Gefangenen, die nur eine vage Vorstellung davon hatten, wie das jeweilige Gegenüber aussah, empfanden immer mehr füreinander.

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