Und dann – da war ist. Der Schlag des Orgasmus, ein Riss in der Dunkelheit, mein ganzer Körper gespannt, aufgeworfen, geflutet von Lust. Der kleine Tod – ein Stück von mir ging mit ihm an ihn verloren. Doch es fühlt sich nicht nach einem Verlust an, sondern nach einem Geschenk. Als wäre ich von etwas befreit worden. Ich zittere, verharre einen Moment atemlos, lausche und mich und lasse die Welle der Lust abebben. Und genieße das Gefühl dieses Nachklangs. Tief, süß. Es lässt ganz sanft nach, klingt ganz leise aus, ganz langsam, bis nur noch mein ruhiger Atem bleibt. Und seine Wärme.
Doch da höre ich auch schon Laute im Hausflur. Eine Tür, die aufging, das Klirren von Schlüsseln, Kinder, ein Lachen. Realität, unwiderruflich. Ich reiße die Augen auf, spüre noch meine feuchte Hand auf meiner Haut, ziehe sie hastig zurück, als wäre ich entdeckt worden. Mein Herz rast.
Ich setze mich auf, streiche mir das Haar aus dem Gesicht, zwinge mich, das Rascheln der Jacken im Flur als Realität anzuerkennen, nicht mehr meine eigene Lust. Die Fantasie rutscht zurück an ihren Platz, tief in eine Ecke, wo sie bleiben kann wie ein heimlicher Schatz.
«Hier bin ich, meine Lieben!», rufe ich ihnen zu und erwarte sie strahlend in der Küche, die Einkäufe ausräumend, als wäre nichts gewesen. Die Stimmen meiner Kinder füllen die Wohnung, lebendig und vertraut, in einer Lautstärke, die jede Heimlichkeit zudeckt. Ich lächle, während ich die Milch in den Kühlschrank stelle, und spüre noch ein leichtes Ziehen in meinem Körper, ein Nachhall, den niemand außer mir kennt.
Denn natürlich liebe ich mein Leben. Meinen Mann, meine Kinder, alles, was wir haben. Aber nichts davon kann jemals so sein wie dieser Moment gerade eben, weil dort oben, bei ihm, in meinem Bild, alles mir gehört. Und manchmal – manchmal brauche ich genau das.
Nein, ich brauche nicht ihn. Es war nicht er, den ich will. Nicht wirklich. Ich brauche ihn nur als Bild, als Fläche, so rein und unbeschrieben, dass ich alles darauf zeichnen kann, was mir manchmal fehlt. Ein Körper, ein Kuss, eine Nähe – kein Alltag, keine Vergangenheit. Sondern für einen Augenblick einfach nur eine begehrenswerte und lusterfüllte Frau sein.
Im Zwielicht seiner Wohnung
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Im Zwielicht seiner Wohnung
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