Ein davidischer Faun stand vor mir, zu ästhetisch, um wahrhaft in Fleisch und Blut zu lebendig zu sein, zu sinnlich seine Erscheinung, um lediglich eine Renaissancestatue zu verkörpern, zu heiß das Feuer in seinen Augen, um nur einem Tagtraum zu entspringen, zu authentisch sein Geruch nach Mann, um nur als visueller Eindruck zu bestehen. Er hatte schwarzes, nackenlanges, nach hinten gekämmtes Haar und mochte Mitte Dreißig sein. Sein muskulöser Oberkörper war nackt, braun gebrannt. Er trug Leder, mit Nieten beschlagene Stiefel, eng geschnürte Beinkleider, die von einem breiten Gürtel gehalten wurden. Im Schritt war er frei, wohl auch sein Po, so stand nach dem sichtbaren Schnitt der Vorderansicht zu vermuten. Der Intimbereich war, soweit ich im ersten Moment erkennen konnte, rasiert. Er trug eine Art Hodengeschirr, das diese fesselnd umfasste, aber frei ließ für jeglichen Zugang, ein Penisfutteral, das den Schaft fest umfing, mit einem Kettchen nach oben gehalten. Im Augenblick jedoch war dieses tragende Element äußerst überflüssig, denn seine männliche Pracht war so eindeutig erregt, dass frau entweder den Wunsch hatte zu fliehen oder ihn zu erlösen.
Er erinnerte mich an Juan und er erinnerte mich an meinen Mann. Was ihn von diesen beiden deutlich unterschied, war diese hochstilisierte, erotische Selbstinszenierung. Wäre da nicht die jugendgefährdende Gestaltung des Unterleibes gewesen, hätte er einer Werbung von Calvin Klein oder Giorgio Armani entstammen können. Er war aber sehr real und sein Geruch, wie gesagt, alles andere als artifiziell. Seine ernsten Augen waren direkt auf mich gerichtet. Meinen beiden Begleiterinnen hatte er nur kurz zugenickt, aber sie schienen ihn nicht vorrangig zu interessieren. Er begrüßte mich mit freundlichem Ernst und bot mir zu trinken an. Petra schenkte den von mir gewünschten Sekt ein.
In Dunklen Tagen
Tinas Geschichte - Teil 25
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