In der Tat lagen dort blank polierte Steine, die aussahen wie Murmeln und in Farben leuchteten, die noch kaum ein menschliches Auge jemals geblickt hat. In jener Nacht tat Ina kein Auge zu. Immer, wenn sie einzuschlafen versuchte, gingen ihr Melodien durch den Kopf, Klangfolgen, die sie so gerne gespielt hätte, wenn ihr jemand ein passendes Instrument geschenkt hätte.
Aber Ina hatte in ihrem Leben noch fast nie etwas geschenkt bekommen. Die alten Leute im Dorf bedankten sich zwar bei ihr, und einmal hatten sie ihr sogar applaudiert, weil es ihr gelungen war, einer alten Frau das Bein zu schienen. Sie war auf der Treppe vor ihrer Hütte ausgerutscht und hatte so lange geschrien, bis Ina endlich auftauchte und den Bruch mit zwei Ästen richtete, die sie mit großen, zähen Blättern am Unterschenkel fixierte. Manchmal fühlte sich Ina sehr allein, und ihr bester Freund war der Wind, der Meerwind, der unablässig ihre schwarzen Locken streichelte. Endlich nahm sie der Schlaf in seine Arme, und Ina hielt ihren Fund, die Flöte, fest an ihren Körper gepresst. Man wusste ja nie, und es hätte ihr das Herz gebrochen, am morgen ohne ihre Flöte aufzuwachen. Früh am Morgen stand sie auf, richtete ihr Haar, tauchte ihr Gesicht in den kleinen Bach, der hinter ihrer Hütte sprudelte und erklomm eine Palme, auf deren halber Höhe sie ihre Vorräte aufbewahrte, damit sie ihr nicht von Ratten oder anderen Nagern weggefressen wurden.
Es war nicht ausgeschlossen, dass Ratten klettern konnten. Ina schien es, dass diese Tiere zu allem imstande waren, vor allem, wenn sie hungerten. Aber ihre Vorräte blieben seit Jahren unbehelligt, in halber Palmhöhe. Ina schnappte sich zwei Dörrfische und einen kleinen Brotlaib, den ihr Nuria, die Dorfälteste, vor zwei Tagen überlassen hatte.
Ina und die Querflöte
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Ina und die Querflöte
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