Ina und die Querflöte

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Ina und die Querflöte

Ina und die Querflöte

Anita Isiris

Sie schob alles in eine Ledertasche, die vor kurzem angeschwemmt worden war, legte ihre Flöte dazu und schnürte ihre Schuhe. Dann zog Ina los. Der Weg zum Farbsteinstrand war zwischendurch gut begehbar, dann aber, wegen schroffer Felswände, gefährlich. Zudem wimmelte es von Skorpionen, und eine schwarze Mamba trieb ihr Unwesen. Der Appetit der Mamba würde sich bestimmt nicht auf Nagetiere beschränken, fürchtete Ina.
Aber sie kam unbeschadet an den Felsen vorbei, und mit Schaudern erinnerte sie sich an Geschichten, die man sich im Dorf erzählte. Junge Männer auf der Jagd, so sagte man, seien auf diesen Felsen ausgerutscht und ins Meer gestürzt. Ihre Leichen wurden nie gefunden. Aber als Skelette würden sie auf die Insel zurückkehren, in warmen Sommernächten, um am Strand Fussball zu spielen, mit Schädeln, die sie am Meeresgrund gefunden hatten. Dann wurde Ina warm ums Herz. Von weitem sah sie die Strandsteine funkeln, und sie fühlte sich wie zuhause. Ina hatte sich schon überlegt, ihre Hütte neben dem kleinen Dorf zu verlassen und hier, inmitten der Farbenpracht, mit einem neuen Leben zu beginnen. Aber sie hatte ein Herz aus reinem Gold und fühlte sich den alten Dorfbewohnerinnen und -bewohnern verpflichtet.
Wenig später, inmitten der abgerundeten, bunten Steine, machte es sich Ina gemütlich und packte in aller Ruhe ihre Essvorräte und die glitzernde Flöte aus. Sie war derart neugierig auf das Instrument, dass sie trotz dem Hunger, der an ihr nagte, zuerst die Flöte näher untersuchen wollte. Sie erkannte, dass das Instrument aus einem abnehmbaren Kopf-, einem Mittel- und einem Fußstück bestand. Ehrfurchtsvoll reinigte sie die Flöte so lange, bis die Flötentasten kein Eigengeräusch mehr verursachten und durchgehend beweglich waren. Das kostete sie viel Zeit, und sie beschloss, nun doch eine Pause einzulegen.

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