Irmgard, die Hübschlerin

8 5-9 Minuten 0 Kommentare
Irmgard, die Hübschlerin

Irmgard, die Hübschlerin

Anita Isiris

Ab einem gewissen Stand, etwa als Magd, war man als Frau so gut wie rechtlos – man musste noch nicht einmal eine Leibeigene sein. Mägde waren den Bauern zu Willen, den Knechten, den Männern höheren Standes und überhaupt allen, die etwa für ein gewichtiges Konzil einreisten und nach anstrengenden politischen Debatten Entspannung suchten. Wählerisch waren auch Handelsreisende nicht. Sie sahen in den zahlreichen Frauen, die sich ihnen zur Verfügung stellten, keine fühlenden Wesen, brachten ihnen keine Empathie entgegen und wollten sich lediglich erleichtern. „Mach die Beine breit“, war der gängigste, rüde Befehl, und es gab kaum eine Frau, die der Aufforderung keine Folge leistete. Tat sie es trotzdem, erregte das ihr Gegenüber erst recht – ein Nein bedeutete, dass eine Frau spielerisch Forderungen stellte, aber, ganz insgeheim, einen harten Prügel begehrte. Das war das damalige Selbstverständnis, aus heutiger, moderner Perspektive nahezu unerträglich anmutend – aber auch im 21. Jahrhundert pulsiert Fleischeslust in der Volksseele, die allerdings vermehrt Ersatzbefriedigung im Internet sucht – bei der 3D-Zurschaustellung von feuchten, geilen Mösen, schweren Hängetitten, gelocktem Haar und geöffneten Lippen. Die Lust geht durch alle Bildungsschichten, durch alle Stände hindurch – vom Strassenarbeiter bis hin zum hohen Politiker – und natürlich durch alle historischen Epochen.

Sebastian ertrug das Warten nicht länger. Hinter den Butzenscheiben, die in der Sonne glitzerten, ging soeben der Stadtvogt an Irmgard zu Werke, auf einer rhythmisch quietschenden Matratze. Ob sie beim Geschlechtsakt die Arme hinter dem Kopf verschränkte, wie sie es bei ihm oft tat? So signalisierte eine Frau Entspannung, Offenheit und Vertrauen. Frauen, die ihre Achseln herzeigten, die sanfte Wölbung ihrer Brüste, den flachen Bauch, den Nabel, waren das Begehrenswerteste, was sich Sebastian vorstellen konnte.

Klicke auf das Herz, wenn
Dir die Geschichte gefällt
Zugriffe gesamt: 6217

Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.

Gedichte auf den Leib geschrieben