Frau hatte die thermische, schweissabsorbierende Bedeutung von Achsel- und Schamhaar wiedererkannt – es gab nichts Unangenehmeres als wenn sich in den Achseln Schweisstropfen bildeten und seitlich am Körper hinunterrannen. Wie Ameisenlaufen war das, und weder Isa noch ihre Freundinnen konnten sich vorstellen, wieso Frauen sich über Jahrzehnte diesem Totalrasur-Modediktat unterworfen hatten.
So stand Isa also mal wieder mit aufgerichteten Armhärchen und spitzen Brustwarzen vor ihrem Kühlschrank und befühlte das Himbeermarmeladeglas. Es war eine sinnliche Berührung. Die angenehme Kühle an ihren Handinnenflächen erregte Isa sexuell. Sie war eine ausgesprochen taktile Frau, und die letzte Sinneserfahrung, die der aussterbenden Spezies Mensch vorbehalten blieb, war die der Temperatur auf möglichst nackter Haut.
Alle hatten es sich angewöhnt, fast nichts mehr anzuziehen und die Scham gegenüber fremden Menschen komplett abzulegen. BHs wurden entsorgt, Strümpfe in die Altkleidersammlung geworfen, und gestrickte Socken wurden höchstens noch aus Gründen der Nostalgie aufbewahrt.
Mehrere Stürme hatten den eurasischen Raum nahezu leergefegt – die Menschen waren entweder kläglich ertrunken, von Baumstämmen und Laternenmasten brutal erschlagen oder bei Plünderungen kaltblütig erschossen worden.
Nordamerika war eine Todeszone, seit durch islamische Luftangriffe im Jahr 2030 zwei Drittel aller Atomkraftwerke pulverisiert worden waren.
In Brasilien, im Mato Grosso, hielten sich noch vereinzelt Menschen auf, Freaks, Hippies, Überlebenskünstler. Sie bemalten sich gegenseitig mit Naturfarben und genossen freie Liebe ohne Perspektive.
Afrika war innerhalb von fünf Jahren zur Wüste geworden, und sogar Klimazonen, die aus europäischer Sicht «lebbar» waren, hatten sich in Richtung des südlichen Wendekreises verschoben. Mauretanien, Mali, Niger, Tschad. Leblos. Sand- Stein- und Geröllwüsten. Hamada. Serir. Erg.
Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.