Isabella

Agnes' Haus der sündigen Engel

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Stayhungry

Irgendwann fand sie einen neuen Freund, einen attraktiven, sportlichen jungen Mann, der lieber mit ihr zu Hause saß, als sich unter die Leute zu begeben, und nicht allzu lange danach war sie schwanger. Heute war sie schon dreißig Jahre mit ihm verheiratet. Zunächst hatten sie einander noch zum Geburtstag angerufen, sich gelegentlich heimlich in Cafes getroffen, und ein wenig war ihr Hadern mit den verpassten Chancen ihrer ersten Liebe aus ihren Äußerungen herauszuhören. Als sie die Affäre ihres Mannes mit seiner Sekretärin entdeckte, saß sie in seinem Wohnzimmer, schwer von Kummer geplagt, keine Tränen, kein Jammern, nur Hoffnungslosigkeit. Er selbst war damals ohne Geliebte und sehnte sich so danach, sie zu berühren, zu liebkosen, zu lieben. Aber er war hart gegen sich selbst. Er spürte, dass sie ihren Mann nur verlassen könnte, wenn er ihr eine gemeinsame Zukunft verheißen würde.

Nach seinen Erfahrungen fingen auf diese Weise aber die Dramen erst an. Er hatte sich geschworen, die Liebesdinge müssten geregelt sein, ausgekämpft, restlos ergründet, die Brücken abgebrochen, sonst waren alles nur Fluchten, hin und zurück. Natürlich hätte diese Liebe des Augenblicks einen wahren Wert gehabt, Trost gespendet ihrer verletzten Seele und ihrem gedemütigten Körper. Aber Isabella hätte ihr Leben nicht selbst in die Hand genommen. Also schickte er sie sanft, aber bestimmt zurück zu dem, dem er sie eigentlich missgönnte. Traurig verabschiedete sie sich von ihm und brach den Kontakt ab. Da er sie immer wieder mal in der Stadt mit ihrem Gatten sah und beide durchaus Nähe zueinander zu suchen schienen, hatten sie ihre Krise wohl bewältigt. Irgendwie und nicht vollends, denn ihr Blick war immer noch durchdringend, wenn sie einander grüßten im Vorbeigehen.

Ihr Mann also maß mit zweierlei Maß. Er gestand sich Freiheiten zu, während er misstrauisch über sie wachte. Es war die alte Geschichte von Kain und Abel: der Besitz tötet den Atem des Lebens. Nichts Anderes bedeuten die Namen der beiden feindlichen Brüder, und so geschieht es in unserem Leben und in unserem Lieben.

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