*
Sie hatten sich so unschuldig getrennt wie ihre Liebe begonnen hatte. Und wo und wie er auch suchte, er fand keinen Weg zum sinnlichen Glück in früher Jugend und auch mit dem erwachsen werden fügte sich wenig schnell zum Guten. Was er wollte, hatte er immer gespürt: alles an der Frau unten rum, alles, jedoch der Weg zu des Weibes Unterleib, den Pforten des Paradieses, war weit. Weil er nun im normalen Leben zurückhaltend, nachdenklich, einfühlsam war, ein guter Gesprächspartner für durchwachte Nächte eben, erwarteten die jungen Frauen immer den Softie in ihm und wurden in gewisser Weise eben meist enttäuscht, dass er unverhofft solche Energie und Kreativität entwickeln konnte. So manches Drama war ein Ende solcher Versuche. Die wilden Weiber kamen eben nicht auf die Idee, mit so einem Sensibelchen wie ihm auf Entdeckungsreise zu gehen. Und als er mal als Aufriss wegen einer heimlich geschlossenen Wette unter ebensolchen endete – „Wetten, dass ich den Nächsten, der zur Tür rein kommt, abschleppe?“ – fühlte er sich nur bescheiden. Auch beim wilden Sex brauchte er das Gefühl der Zuneigung und Leidenschaft für die Seele, nicht nur für den Körper.
Mit dem Älterwerden wurde es schon einfacher. Die zu Frauen gereiften Damen wollten irgendwann auch mal über den Tellerrand schauen, und da rannten sie offene Türen ein bei ihm. Als er das erste Mal zum Analverkehr gebeten wurde, war er einfach nur froh, dass endlich einmal eine Lust darauf hatte. Eigenartigerweise hielt sich bei den wenigsten die Lust an der Kreativität, und was anfänglich begeistert aufgenommen wurde, galt später als verwerflich. Bei seiner Ex, die sich gern mal verrucht und dann unvermittelt prüde und verletzt gab, konnte er schön langsam gar kein System mehr entdecken. Zum Schluss wusste er schon gar nicht mehr, wie er sich in ihr bewegen sollte, weil er ja so rücksichtslos war. Heute glaubte er, sie wollte ihn einfach loswerden. Sein Nachfolger war ja schon lange ausgesucht, nur hatte er sich lange geziert und bevor das rettende Netz gespannt war, wollte sie nicht springen. In den Versuchen und Affären zwischen den Ehen hatte er zwar vieles erlebt und unbefangen ausprobieren können, weil es ihm langsam egal war, ob er letztlich ankommt mit seinem Wesen, aber befriedigt hatte ihn dieses Durcheinander nicht. Eine angenehme Erfahrung war für ihn nur, dass er um die Dreißig erheblich besser ankam als in jungen Jahren. Keine der Damen hatte ihn allerdings überfordert mit ihren Phantasien.
Isabella
Agnes' Haus der sündigen Engel
54 15-24 Minuten 0 Kommentare

Isabella
Zugriffe gesamt: 30883
Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.