Jaguar

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Zina Straudt

Während Richard auf der Suche nach seinem Handy war, musterte er Thomas mit einem fragenden Stirnrunzeln.
„Warum stehst du der Sache so ablehnend gegenüber? Hört sich doch alles ganz gut an und würde uns bestimmt die Publicity bringen, die wir brauchen können.“
Thomas schnaubte abfällig.
„Gute Publicity bekommst du mit Fotos von halbverhungerten, großäugigen schwarzen Babys, nicht mit Bildern von verlausten Gören aus den Problemvierteln der Großstädte deren Eltern ihr Geld versaufen!“
Richard schenkte ihm ein weiteres, ungnädiges Stirnrunzeln, immer noch auf der Suche nach seinem Handy.
„Du bist ganz schön sarkastisch mein Freund. Und ich denke dass es nicht schaden könnte sich für einen wohltätigen Zweck zu engagieren, der in unserem eigenen Vorgarten liegt. Außerdem könnten wir es steuerlich geltend machen, denk auch mal daran!“
Thomas zuckte nur mit den Schultern und sah Richard dabei zu, wie er seine soeben gefundene Brieftasche einsteckte. Sein Freund schien ihm heute, entgegen seinem normalen Verhalten, ziemlich unorganisiert zu sein und er konnte sich nicht verkneifen zu fragen:
„Die Kleine muss ja echt eine Granate im Bett gewesen sein, so wie du heute Morgen durch den Wind bist, was?“
Das breite Grinsen, das über Richards Gesicht zog, sprach Bände.
„Du weißt doch, der Gentleman genießt und schweigt. Aber wenn ich endlich mein blödes Telefon gefunden habe, werde ich direkt ihre Agentur anrufen und sie mir für den Rest der Messe reservieren.“
Thomas Augenbrauen hoben sich überrascht und er musterte Richards Gesicht, bevor er versuchte, vorsichtig zu formulieren, was ihm durch den Kopf ging.
„Richard, nichts für ungut, aber du wirst dich doch wohl da nicht in irgendwas Unüberlegtes verrannt haben, oder?“
Als ihn Richards fragender Blick traf, beeilte er sich, fortzufahren.
„Du bist dir doch hoffentlich darüber im Klaren, dass die Kleine, so gut sie auch gewesen sein mag, eine Nutte ist. Eine Edelnutte zwar, aber doch eine Nutte.“
Der düstere Blick, den Richard ihm zuwarf, sprach Bände, aber noch bevor er Thomas eine hitzige Erwiderung geben konnte, ertönte der unverwechselbare Klang seines Handys und er zog es aufatmend unter einem Sofakissen hervor.
„Löwenstein“ bellte er in den Hörer und selbst Thomas, der nur neben ihm stand, zuckte bei dem erbosten Klang seiner Stimme zusammen. Der halbe Dialog, den er nachfolgend mithörte, gab ihm allerdings Rätsel auf.
„Nein, kein Grund sich zu entschuldigen“ sagte Richard gerade, „ich war hochzufrieden. – Nein, warum sollte das sarkastisch gemeint sein? - Da muss doch bestimmt ein Irrtum vorliegen. – Sind sie sich wirklich sicher? – Nein, ich meine ja, Herrgott nochmal!“
Erstaunt sah Thomas zu, wie Richard das Gespräch beendete und mit einem völlig entgeisterten Gesichtsausdruck reglos im Zimmer stand, bis er plötzlich rief: „Verflucht, mein Auto!“ und wie von der Tarantel gestochen aus der Suite stürmte. Thomas gelang es eben noch, hinter ihm in den Aufzug zu springen, bevor sich die Türen vor seiner Nase schlossen und er musste mit ansehen, wie Richard auf dem Knopf für die Tiefgarage herum hämmerte, als könne er die Fahrt des Lifts damit beschleunigen. Kein vernünftiges Wort war aus ihm heraus zu bekommen und auch Thomas vorsichtig vorgetragene Anregung, dass er doch wenigstens sein Hemd zuknöpfen möge, prallte ohne Reaktion an ihm ab.

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Die Verwechslung

schreibt BunoLionHunter

Wunderbar geschrieben! Ich fühle mich bestens unterhalten!

Gedichte auf den Leib geschrieben