Jaguar

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Jaguar

Jaguar

Zina Straudt

So fasste er sich in Geduld und rannte schließlich hinter seinem aufgelösten Freund durch die Tiefgarage, bis dieser wie vom Donner gerührt vor seinem neuen Jaguar stehen blieb.
Thomas begutachtete den Wagen und pfiff durch die Zähne.
„Mein lieber Mann, da hat dir aber jemand einen schönen großen Kratzer verpasst. Dürfte nicht ganz billig werden der Spaß. Hat dich gerade der Verursacher angerufen?“
Richard schüttelte nur schweigend den Kopf, ließ die Schultern hängen und murmelte: „Ich erzähl es dir auf der Fahrt. Aber jetzt brauch ich erst mal einen Scotch.“

***
Ruth rührte nervös in ihrem langsam kalt werdenden Cappuccino und ging nochmals ihr sorgfältig ausgearbeitetes Konzept durch, um sich zu beschäftigen während sie wartete. Ihr schwerer Kopf und die dunklen Ringe unter ihren Augen kündeten davon, dass sie in dieser Nacht viel zu wenig Schlaf bekommen hatte und sie musste sich immens zusammenreißen, um nicht ständig zu gähnen.
Erst im frühen Morgengrauen war Richard eingeschlafen und Ruth hatte über eine halbe Stunde benötigt, um sich vorsichtig und ohne ihn zu wecken aus seiner Umarmung zu befreien, in ihre Kleidung zu schlüpfen und aus der Suite zu schleichen. In ihrem eigenen Zimmer hatte sie nur einen sehnsüchtigen Blick auf ihr unberührtes Bett geworfen und sich nach einer schnellen Dusche rasch präsentabel angekleidet, bevor sie das Hotel ziemlich hastig verlassen hatte. Auf keinen Fall wollte sie Richard an diesem Morgen noch einmal begegnen. Ihre Wangen brannten vor Verlegenheit wenn sie daran dachte, was er in dieser Nacht mit ihr angestellt hatte und die Röte wurde noch tiefer als ihr einfiel, wie sehr sie es genossen hatte. Unwillig schüttelte sie den Kopf, als ihre Gedanken Gefahr liefen, wieder zu seinem schönen Körper zu wandern und sie presste die Schenkel unter dem engen Rock zusammen, als ihr das Blut bei dieser Erinnerung heiß in die Lenden schoss. Verzweifelt versuchte sie, sich selbst einzureden, dass die Begegnung mit Richard sozusagen eine rein geschäftliche Angelegenheit gewesen war und sie rief die Schmetterlinge in ihrem Bauch streng zur Ordnung. Außerdem musste sie sich auf das schon längst überfällige Gespräch konzentrieren, immerhin war schon das teure Hotelzimmer völlig umsonst gewesen und sie wollte den Termin auf keinen Fall verpatzen.

***
Als Richard endlich auf der Messe eintraf, herrschte auf dem großzügig angelegten Stand seiner Firma bereits reger Andrang, aber sein grimmiger Gesichtsausdruck bewahrte ihn davor, sofort von Mitarbeitern oder Kunden mit Beschlag belegt zu werden.
Zu einem vernünftigen Gespräch wäre er im Moment sowieso nicht in der Lage denn alle seine Gedanken kreisten darum, wie er bloß Ruth wiederfinden könnte, denn sein Versuch, den Empfangschef zu bestechen, damit er ihm ihre Adresse gab, war leider kläglich gescheitert. Die einzige Möglichkeit, ihn zur Herausgabe ihrer Daten zu bewegen hätte darin bestanden, die Polizei zu verständigen und eine Anzeige wegen der Beschädigung seines Wagens zu erstatten, aber dazu war er beim besten Willen nicht bereit gewesen.

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Die Verwechslung

schreibt BunoLionHunter

Wunderbar geschrieben! Ich fühle mich bestens unterhalten!

Gedichte auf den Leib geschrieben